Persischer Golf

Ein versunkener 'Garten Eden'

Allgemeine Informationen

Abb. 1 Eine Karte des Perischen Golfs mit seinen heutigen Anrainer-Staaten

(red) Der Persische Golf (Abb. 1) ist ein etwa 1000 km langes und 200 bis 300 km breites Binnenmeer (Gesamtfläche: ca. 235.000 km²), das zwischen dem Iranischen Plateau und der Arabischen Halbinsel liegt. [1]

Zur Geo- und Topographie dieses Binnenmeers heißt es bei der deutschsprachigen Wikipedia: "Der Persische Golf ist ein relativ flaches Gewässer mit einer maximalen Tiefe von 110 m. [2] Sein Volumen beträgt etwa 6000 km³, mit einer durchschnittlichen Tiefe von unter 26 Metern. Über die Straße von Hormus ist er mit dem Golf von Oman und dem Arabischen Meer bzw. dem Indischen Ozean verbunden. In den Persischen Golf mündet der Zusammenfluss von Euphrat und Tigris, der Schatt al-Arab. Durch den geringen Süßwasserzufluss und die hohe Verdunstungsrate ist der Salzgehalt mit etwa 4 % überdurchschnittlich hoch.

Während des letzten glazialen Maximums, als weltweit der Meeresspiegel um etwa 120 m niedriger war, war der Grund des Persischen Golfes ein flaches Tal, durch welches die Flüsse Euphrat, Tigris und Karun einen gemeinsamen Abfluss zur Straße von Hormus fanden. Mit dem Einsetzen der Flandrischen Transgression vor etwa 11.000 Jahren stieg der Spiegel auf etwa heutige Verhältnisse an." [3] [4]

Entdeckungen zur Prähistorie

Die Tatache, dass der heutige Persische Golf während der jüngten Eiszeit - und offenbar auch noch nach deren glazialem Maximum - zumindest teilweise trocken lag und ein fruchtbares und höchst besiedlungsfreundlichen Gebiet darstellte, hat sich bereits vor einigen Jahren als für das Verständnis der Menschheits- und Zivilisationsgeschichte bedeutsam herausgestellt. Dies legen jedenfalls die Forschungsergebnisse von Jeffrey Rose nahe, einem Archäologen und Anthropologen der Universität Birmingham in Großbritannien, über die er im Jahr 2010 in der Dezember-Ausgabe von Current Anthropology berichtete. [5]

Abb. 2 Eine Übersicht über die Entwicklung des Meeresspiegels im Persischen Golf. Links oben: 74.000 bis 24.000 Jahre BP; rechts oben: 24.000 bis 14.000 Jahre BP; links unten: 14.000 bis 8.500 Jahre BP; sowie rechts unten: 8.500 bis 6.000 Jahre BP

Rose ist zwar nicht der erste Fachwissenschaftler, der in dieser heute überfluteten Region des Nahen Ostens eine vormals von Menschen bewohnte, geradezu paradiesische Landschaft vermutet, die von Süßwasser-Quellen und Flüssen bewässerten Ebenen, Mangroven-Sümpfen und Seen geprägt war - dies hatten schon Jahrzehnte zuvor z.B. Theresa Howard-Carter und Vere Gordon Childe angenommen. [6] Doch aufgrund seiner umfassenden Studien und im Kontext flankierender Erkenntnisse aus jüngerer Zeit gelangte der britische Archäologe zu weitaus weiter reichenden Erkenntnissen, als dies seinen KollegInnen in der Vergangenheit möglich war.

So waren in den vorausgegangenen Jahren an Teilen der Golfküste in schneller Folge archäologische Hinweise auf menschliche Siedlungen zu Tage gefördert worden, die dort vor etwa 7.500 Jahren entstanden sein müssen, aber in keinem Zusammenhang mit anderen dortigen Fundstätten standen: "Wo vorher nur eine Handvoll verstreuter Jagdlager gewesen waren, tauchen plötzlich praktisch über Nacht über 60 neue archäologische Stätten auf", bemerkte Rose dazu. "Diese Siedlungen verfügen über gut gebaute, dauerhafte Steinhäuser, Fernhandelsnetzwerke, kunstvoll dekorierte Töpferwaren, domestizierte Tiere und sogar Beweise für eines der ältesten Boote der Welt." [7]

Abb. 3 War die heute am Grund des Persischen Golfs liegende blühende Landschaft einstmals der 'hot spot' für die Entwicklung der Landwirtschaft in diesem Großraum?

Natürlich warf dies die Frage auf, wie so hoch entwickelte und komplexe Siedlungen derart schnell entstehen konnten, ohne dass sich auch nur die geringsten Spuren direkter Vorläufer-Kulturen finden lassen, die einen entsprechenden Entwicklungs-Prozess nachvollziehbar machen und belegen würden. Jeffrey Rose meint, dass solche Evidenzen nur deshalb zu fehlen scheinen, weil sie seit Jahrtausenden unterhalb des Meeresspiegels im heutigen Persischen Golf ruhen: "Vielleicht ist es kein Zufall, dass die Gründung derart bemerkenswert gut entwickelter Gemeinschaften entlang der Küste mit der Überschwemmung des Golfbeckens vor etwa 8.000 Jahren korrespondiert", bemerkte der Archäologe diesbzüglich mit der gebotenen wissenschaftlichen Vorsicht. "Diese neuen Kolonisten könnten aus dem Herzen des Golfs gekommen sein, verdrängt durch steigende Wasserspiegel, die die einst fruchtbare Landschaft unter das Wasser des Indischen Ozeans stürzten." [8]

Abb. 4 Die Straße von Hormus als 'Säulen des Herakles'? Selbst im Bezirk der ohnehin nonkonformistischen Atlantisforschung ist dies eine extravagante Annahme.

Wie die ermittelten Daten (Abb. 2) zur Veränderung des Meeresspiegel im Persischen Golf zeigen, hat sein Becken vor der jüngsten Überschwemmung ca. 125.000 Jahre lang in mehr oder weniger großem Umfang über dem Meeresspiegel gelegen. Dabei wäre es "ein idealer Zufluchtsort vor den rauen Wüsten gewesen, mit frischem Wasser, das von den Flüssen Tigris, Euphrat, Karun und [dem inzwischen ausgetrockneten; d.Red.] Wadi Baton sowie von unterirdischen Quellen geliefert wurde." Gerade in Zeiten, in denen "die Bedingungen im umliegenden Hinterland am trockensten waren, wäre die Golfoase in Bezug auf die exponierte Landfläche am größten gewesen. Auf seinem Höhepunkt hätte das exponierte Becken etwa die Größe Großbritanniens gehabt", meint Rose. [9] Er hält es für wahrscheinlich, dass diese 'Oase' "möglicherweise über 100.000 Jahre lang Menschen beherbergt hat, bevor sie vor etwa 8.000 Jahren vom Indischen Ozean verschluckt wurde." Sie hätte ihnen "während der gesamten Eiszeit ein Schutzgebiet geboten, als ein Großteil der Region aufgrund von Hyperaridität unbewohnbar wurde".

Dafür, dass der 'moderne Mensch' während eines Großteils der Zeit in der Region gewesen sein dürfte, in der sich die 'Oase' über Wasser befand, sprechen auch archäologische Fundstätten im Jemen und im Oman. Dort wurden Steinwerkzeuge entdeckt, die sich deutlich von mittelpaläolithisch-ostafrikanischen Typen unterscheiden. "Das erhöht die Möglichkeit, dass sich Menschen im südlichen Teil der Arabischen Halbinsel bereits vor 100.000 Jahren oder länger niedergelassen haben", erklärt Rose. Dies sei "weitaus früher als die Schätzungen mehrerer neuerer Migrationsmodelle, nach denen die erste erfolgreiche Migration nach Arabien vor 50.000 bis 70.000 Jahren durchgeführt wurde." [10] Damit könnte der 'Startschuss' für einen grundlegenden Umdenkprozess hinsichtlich der kulturellen Entwicklung im alten Nahen Osten gefallen sein, und auch die Frage nach Alter und Ursprüngen der Landwitschaft muss nun wohl unter neuen Vorzeichen diskutiert werden.

Persischer Golf und Atlantisforschung

Was den Nahen Osten betrifft, war die 'versunkene Oase' des Persischen Golfs im Gegensatz zum benachbarten Jemen, zu den weiter nördlich bzw. nordwestlich gelegenen Gebieten Mesopotamiens bzw. des Iraks, oder auch zur Levante, bisher noch kein Gegenstand von Hypothesen zur Lokalisierung von Atlantis. Lediglich die - nur etwa 35 m tiefe und an ihrer engsten Stelle 37,9 km breite - Straße von Hormus (Abb. 4), die das Binnenmeer mit dem Indischen Ozean verbindet, wurde im Zusammenhang mit einem 'mesopotamischen Atlantis' als Kandidatin für die Säulen des Herakles ins Gespräch gebracht. [11] Sofern die Unterwasser-Archäologie im Persischen Golf keinen 'Stoff' für entsprechende Vermutungen liefert, ist wohl auch weiterhin davon auszugehen, dass niemand mit einer dortigen Atlantis-Lokalisierung aufwartet, aber immerhin könnte die Suche nach dem irdischen Gaten Eden durch die oben geschilderten Erkenntnisse neue Impulse bekommen.



Zurück zur Rubrik → »Geheimnisse des Orients«


Anmerkungen und Quellen

Fußnoten:

  1. Quelle: Wikipedia - Die freie Enzylopädie, unter: "Persischer Golf" (abgerufen: 16. Februar 2020)
  2. Siehe: Robert Dinwiddie, "Ocean - The World's Last Wilderness Revealed", London (Dorling Kindersley), 2008, S. 452
  3. Siehe: Geschichte des Persischen Golfs in der Encyclopedia Iranica, 23. März 2005 (englisch)
  4. Quelle: Wikipedia - Die freie Enzylopädie, unter: "Persischer Golf" (abgerufen: 16. Februar 2020)
  5. Siehe: Jeffrey Rose, "New Light on Human Prehistory in the Arabo-Persian Gulf Oasis", in: Current Anthropology, Vol. 51, No. 6 (Dezember 2010), S. 849-883
  6. Quelle: Andrew Dold, "Paradise Lost: Gulf Oasis Was Home to Earliest Humans that Existed Africa – But What Forced them Out?", 14. Mai 2017, bei ancient-origins.net (abgerufen: 16. Februar 2020)
  7. Quelle: Jeffrey Rose; zit. nach: o.A., "Lost civilization under Persian Gulf?", 20. Dezember 2010, bei University of Birmingham (abgerufen: 17. Februar 2020; Übersetzung ins Deutsche durch Atlantisforschung.de)
  8. Quelle: ebd.
  9. Quelle: ebd.
  10. Quelle: ebd.
  11. Quelle: Tony O’Connell, "Strait of Hormuz", 19. Oktober 2016, bei Atlantipedia.ie (abgerufen: 17. Februar 2020)

Bild-Quellen:

1) Hégésippe Cormier aka Hégésippe (Urheber) bei Wikimedia Commons, unter: File:Persian Gulf DE.PNG (Lizenz: Creative-Commons, „Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 nicht portiert“)
2) Jeffrey Rose, nach: Persian Gulf: the first migration? bei world-archaeology.com
3) world-mysteries, nach: Andrew Dold, "Paradise Lost: Gulf Oasis Was Home to Earliest Humans that Existed Africa – But What Forced them Out?" bei ancient-origins.net
4) Jacques Descloitres, MODIS Land Rapid Response Team, NASA/GSFC (Urheber) bei Wikimedia Commons, unter: File:Straße von Hormuz.jpg