Ein "Satyr" berichtet von Riesen aus Amerika

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Der Silenus-Bericht in der atlantologischen Literatur

Abb. 1 Ein Satyr spielt auf der Panflöte (korrodierte antike Metall-Figur). Waren diese 'Gehörnten' wirklich nur Fabel-Wesen?

(bb) Eine der phantastischsten Stories der Antike, nicht annähernd so bekannt wie Platons Atlantisbericht, aber mit faszinierenden Übereinstimmungen zur Atlantida - und in ihrer Aussage kaum minder monumental als diese - hatten der hellenische Schriftsteller Theopompos von Chios (lat. Theopompus; ca. 400 v. Chr.) und sein spätes 'Sprachrohr' Claudius Aelianus (Aelian), ein römischer Schriftsteller des 3. Jahrhunderts n. Chr., zu berichten. (siehe dazu auch: Atlantisbetrachtung in der Antike)

Dieses kurze Fragment, das Ausgangspunkt und zentrales Motiv der folgenden Überlegungen sein soll, ist aus atlantologischer Sicht von höchstem Interesse, da Claudius Aelianus es offenbar u.a. zur Beweisführung der Richtigkeit von Platons urgeschichtlichen Angaben verwendete. Der Historiker, der offensichtlich mit der Atlantida vertraut war, "erinnerte", wie der Atlantologie-Historiker Dr. Martin Freksa feststellt, "an das einstige atlantische Inselreich und einen großen, von ihm ausgehenden Krieg. Aelianus erwähnt auch - und diese Information ist bei Platon nicht enthalten - , daß die atlantischen Könige als Zeichen ihrer Macht ein von einem Tier stammendes Stirnband getragen hätten." [1]

In seinem Werk "Varia historia" (Buch III, c. 18) gibt der geschichtsinteressierte Aelian das wieder, was Theopompus - etwa 700 Jahre zuvor - über Einzelheiten einer Begegnung zwischen Midas, dem König von Phrygien (in Kleinasien) und dem Satyr (Abb. 1) Silenus berichtet hatte. [2] Silenus war in diesem Bericht ein Gast des Königs, den man eines Tages betrunken im königlichen Rosengarten gefunden hatte, wo er einen gewaltigen Rausch ausschlief. Im Gespräch mit Midas gab er dann eine mysteriöse Geschichte Preis, in der er, wie es bei Ignatius Donnelly heißt, "von der Existenz eines großen Festlandes in der atlantischen See spricht, das >größer als Kleinasien, Europa und Libyen zusammengenommen sei.< Er versichert, dort lebe ein Menschenstamm, Meropen genannt, der dort ausgedehnte Städte gebaut habe. Sie selbst waren der Meinung, daß ihr Land allein ein ganzer Kontinent sei." [3]

Auch der britische Atlantologe Harold T. Wilkins hob 1952 hervor, dass die geheimnisvollen Großinsel-Bewohner aus Silenus´ Bericht Angehörige einer bedeutenden Städtebauerkultur jener Tage gewesen sein müssen: "Was noch wunderbarer ist, dass unter ihnen auch Menschen lebten, die Meropen genannt wurden, die in vielen großen Städten siedelten, und am entlegensten Ende ihres Landes liegt ein Ort, den sie Anoston nennen, und von dem es keine Wiederkehr gibt, und der wie ein Meerbusen [mögl. auch "Abgrund"; d. Ü.] ist, die Luft neblig (oder halbdunkel und dämmerig) oder von rötlicher Tönung." [4] Der Atlantologie-Kritiker Lyon Sprague de Camp ergänzt dies unter Bezug auf Aelian mit dem Hinweis, Anoston - auch Anostos - "läge hinter wallenden Nebelschleiern und werde von zwei Flüssen bewässert, dem Fluß der Freude und dem des Kummers." [5]

Abb. 2 Statuette eines Satyrs, wie er uns aus der hellenischen und römischen Mythologie überliefert ist: Mit Ziegehgehörn und Bocksfüßen.

Bei Wilkins wiederum heißt es nun kryptisch weiter: "Der Rest der Geschichte von Silenus berichtet von Bäumen in Anoston, die an den Ufern [dieser beiden] Flüsse wachsen. Der eine Baum [...] trägt Früchte, die demjenigen, der davon isst, ewigen Kummer schenken; der andere Baum an den Ufern des Flusses der Freuden trägt Früchte, die einen alten Mann wieder jung machen, und die Zeit zurückdrehen, bis er wieder ein Kleinkind wird und schließlich stirbt." [6]

Anoston, oder Anostos, jenes 'Land der Nimmer-Wiederkehr', war aber nur ein einzelner Landstrich auf einer gewaltigen Landmasse, die, so Silenus, einen "äußeren Kontinent" darstellte, der den Okeanos begrenzte, welcher wiederum die bekannte Welt umschloss. "Silenus sagt, dass Europa, Asien und Afrika Inseln seien, umgeben vom Ozean, und jenseits davon >gäbe es nur einen unbegrenzt großen Kontinent." [7] Dieser gewaltige Kontinent jenseits Meropas und der anderen atlantischen Inseln - werde von Menschen bewohnt, "die zweimal so groß seien als die der bekannten Welt und doppelt so lang lebten." [8] Der sowjetische Atlantisforscher Dr. Nikolai Zhirov fügte dem 1970 hinzu, dass es laut Aelian auf dem jenseitigen Kontinent nicht nur menschliche Riesen, sondern auch "sehr große Tiere" gegeben habe. [9]

Wilkins lässt uns mehr darüber wissen, was Silenus dem Prygier-König über die Meropen und ihre Zeitgenossen verriet: "Sie besaßen viele große Städte und einzigartige Lebensweisen, und Gesetze, die von den unseren gänzlich verschieden waren. Insbesondere gab es dort zwei große Städte, weit größer als der Rest, und sich beide recht unähnlich. Eine war kriegerisch und wurde Machimus genannt; die andere war fromm und hieß Eusebes. Machimus, ständig unter Waffen und im Kampf, dominierte viele andere [Städte]. Die Leute dort waren nicht weniger als 200 Myriaden (etwa 2 Millionen) an der Zahl. Nur sehr selten starben sie an Krankheiten, doch häufiger wurden sie in ihren Kriegen durch Holz oder Stein getötet, denn durch Stahl waren sie nicht verwundbar. Gold und Silber waren nicht selten und [besaßen] weniger Wert als Eisen bei uns." [10]

Über Auseinandersetzungen zwischen den Meropiern und dem Riesen-Volk von Anostos macht Silenus keine Angaben, aber er erklärt: "Einst habe ein kriegslüsterner Stamm dieser Riesen den Ozean überquert, um in die zivilisierte Welt einzufallen. [Diese Expedition soll übrigens "wenigstens zehn Millionen Teilnehmer stark" gewesen sein; bb] Als sie jedoch bei den Hyperboreern anlegten und in deren Land nichts Stehlbares fanden, seien sie zu der Auffassung gekommen, daß es nutzlos sei, weiter vorzudringen. Daraufhin kehrten sie angewidert nach hause zurück." [11]

Die Städte bauenden Meropier dagegen scheinen ein größeres Interesse am nordwestlichen Afrika gezeigt zu haben, denn Egerton Sykes bemerkte 1967 in einem Nebensatz, dass das Volk von Merope offensichtlich auch in Nordwest-Afrika, an den Ufern des "Tritonis-Sees" niedergelassen hatte, eines legendären porotosaharischen Binnenmeers: "Für Theopompus und Aelian war es die meropische See, an deren Grenzen die Meropiden lebten." [12] Wilkins führt zudem über das Reich der Meropen aus, "dass Theopompus sagt, es sei von einer Königin Merope regiert worden, Tochter des Atlas, König von Lybien. [...] Theopompus sagt, sie sei eine Zeitgenossin von Herkules, Theseus und des Laomedonte, Sohn des Königs von Troja, gewesen." [13]


Ein Satyr als Berichterstatter?

Abb. 3 Nymphen vergnügen sich mit einem Satyr. Romantische Darstellung von Bouguereau.

Nun scheint ein sturz-betrunkener Satyr, dessen weinseliger Bericht uns über letztlich unidentifizierbare Kanäle erreicht (schließlich "kennen" wir nur die beiden letzten Chronisten dieser Geschichte), nicht gerade die glaubwürdigste Nachrichtenquelle zu sein. Zudem war Silenus – setzten wir mal für einen kurzen Moment voraus, dass Gespräch habe WIRKLICH stattgefunden - offenbar ein 'Gast' (die 'offizielle Version') oder besserer Gefangener von König Midas (jedenfalls abhängig von seinem Wohlwollen), dem er mit seinen Erzählungen neues Wissen vermitteln sollte, und den er wohl nicht zuletzt auch zu unterhalten hatte. Warum sollte unser Satyr also nicht einfach - im doppelten Wortsinn - das "Blaue" vom Himmel gelogen haben, zumal der König keine seiner Aussagen nachprüfen konnte?

Außerdem: Wer soll so einen Satyr denn überhaupt ernstnehmen? Verrät doch jedes Wörterbuch dem interessierten Leser selbst bei oberflächlichster Recherche, dass es sich bei diesen archaisch anmutenden Gesellen mit Hörnern und Bocksfuß lediglich um mythologische Fabelwesen aus der Sagenwelt des klassischen Altertums handelt. So heißt es etwa online im Schwarzen Netz: "(Satyros, Ziegenelben) Ein Fruchtbarkeits- und Walddämon oder -gott bzw. Wald- und Hügelgeist der griechischen Mythologie. Er ist ein Mischwesen aus Mensch und Ziegenbock, oft dargestellt mit Thyrsosstab.

Als Begleiter des Dionysos treten die Satyrn als Gruppe auf. Berauscht von Wein und Tanz spielen sie fröhlich-nichtsnutzig die Flöte und stellen den Nymphen nach. Häufig werden sie mit den Silenen vermengt. [...] Die wüste Darstellung ihrer als ungebändigte und lüsterne Nichstnutze bei Hesiod wandelte sich im Hellenismus und bei den Römern. Sie wurden nun mit Pan und Faunus verknüpft und verschmelzen mit den Silenen, gern werden sie in idyllischer Nachdenklichkeit gezeigt. Offenbar blickte der gesittete Grieche klassischer Zeit, der in der entwickelten Polis lebte, ähnlich verklärt auf das freie Naturleben wie der moderne Mensch heute auf den >edlen Wilden<." [14]

Natürlich müssen wir bei der Erwähnung von "Silenen" stutzig werden, aber leider erfahren wir dort nicht viel mehr zu diesen mythischen Wesen: "(gr. Sgl. S(e)ilenos „Stumpfnasiger”, Pl. Silenoi; lat. Silenus, Selenus) Wald- und Berggeister bzw. (in der Einzahl) wilder Walddämon der griechischen Mythologie. Silenen sind Mischwesen aus Mensch und Pferd, haben aber - im Gegensatz zu den Kentauren - zwei Beine. Dargestellt sind sie mit dem Thyrsos, dickbäuchig und glatzköpfig, mit stumpfer Nase, wulstigen Lippen und lüsternem Blick." [15]

Abb. 4 Satyre - oder Faune, wie sie von den Römern genannt wurden - (Gemälde von Arnold Böcklin)

Werfen wir daher nun einen Blick in eine mehr als interessante Vergleichsquelle. Es handelt sich dabei um ein Nachschlagewerk, dessen Veröffentlichung immerhin mehr als anderthalb Jahrhunderte zurückliegt! Wir sprechen hier nämlich vom 4. Band des Bilder-Conversations-Lexikon von F.A. Brockhaus aus dem Jahre 1841. Nach Brockhaus, dem offenbar weitaus umfassendere Quellen zur Verfügung standen, stellten Satyre "in der griech. Mythologie, wie die Faunen, Silenen und Panen eine Art Wesen vor, welches mehr oder minder an die thierische Natur streifte und den noch ungezähmten Naturgeist der Wälder und Fluren bezeichnete. Sie waren ursprünglich peloponnesische Waldgötter und ihre Körperbildung näherte sich der Ziegen- oder Bocksgestalt.

Sie hatten spitze Ohren, Glazen und kleine Erhöhungen am Kopfe, welche in spätern Darstellungen in wirkliche Hörner verlängert wurden. So fügten auch die spätern Künstler Bocksfüße und Schwanz hinzu, während die frühern das Thierische in diesen Gestaltungen mehr blos in dem Gesichte, den Geberden und Handlungen derselben ausdrückten, indem sie ihnen sonst vollkommen menschliche Bildung verliehen, die nur geistig unausgebildet auf der Stufe natürlicher Rohheit erschien." [16]

Brockhaus ermöglicht uns damit eine etwas differenziertere Betrachtung von Satyren, Silenen und Panen. Vor allem erkennen wir nun, dass bei der Beschreibung ihrer Physiognomie im Lauf der Zeit eine zunehmende Mythisierung und Hinzufügung tierischer Attribute erfolgt ist - eine Feststellung, die uns später bei ihrer Identifizierung helfen wird. Außerdem wird nun deutlich, dass es sich bei diesen Wesenheiten um drei eng miteinander verwobene Gruppen aus ferner Vergangenheit gehandelt haben muss: "Das ganze Geschlecht der Satyrn, Faunen, Silenen und Pane erscheint in den Darstellungen so verwandt, daß kein besonderer, wesentlicher Unterschied zu bemerken ist. Ihr Hauptausdruck ist lüsterne Begier nach Befriedigung sinnlicher Triebe. (Abb. 3)

Besonders oft werden sie im Genusse des Weines und im Zustande der Berauschtheit dargestellt. So werden die Satyrn mit den Silenen dem Gefolge des Gottes Bachus (Abb. 5) beigesellt , bei dessen Festen sie immer musicierend und tanzend erscheinen; denn man betrachtete sie als besonders große Liebhaber der Musik und gab ihnen daher auch, selbst wenn man sie außer Handlung darstellte, gern die Flöte oder Schalmei als Attribut jener Eigenschaft bei. In den S a t y r s p i e l e n oder S a t y r d r a m e n (s. Satire), die von ihnen den Namen hatten, traten sie als Chor unter Anführung des Silen auf.

Ihre Farbe war roth, so auch die ihrer Gewänder, wenn sie mit solchen bekleidet dargestellt wurden, gewöhnlich aber waren sie in Ziegenfelle gehüllt, auf dem Kopfe hatten sie Epheukränze oder Weinlaub, in den Händen den Thyrsus, einen mit Weinlaub unwundenen Stab, und die Flöte. Sie mußten groß und kräftig und etwas burlesk, aber gewandt in ihren Bewegungen erscheinen. Die Scene, in der sie auftraten, stellte allemal Gegenstände der freien Landschaft: Berge, Grotten, Ufer mit der Aussicht auf das Meer u.s.w. vor." [17]

Abb. 5 Der Gott Bachus feiert mit einem Hofstaat ausgelassen tanzender Satyre. Bild von Franz Cleyn (1582-1658)

Wir können also zunächst festhalten, dass die Satyroiden [18] offenbar mit einer fernen Vergangenheit und/oder der unberührten Natur sowie mit ungezügelter Sinnlichkeit (= natürlicher Urzustand der Menschheit) in Verbindung gebracht wurden. Interessant ist für uns auch Brockhaus´ Feststellung zur Gestaltung der festgelegten Bühnenbilder bei den Satyrspielen und -dramen. Die "Berge, Grotten, Ufer mit der Aussicht auf das Meer" weisen möglicherweise noch auf einen alten Bezug zum Gebirge, zur "Unterwelt" und zum Meer (Seefahrt) hin. Vermutlich gab es in ferner Vergangenheit noch eine Identifikation der satyroiden Spielarten mit diesen drei Lebensräumen.

Zudem handelt es sich bei Theopompus´ Zeugen gar nicht um einen 'simplen' Satyr - schon gar nicht um irgendeinen x-beliebigen, zotteligen Waldschrat, sondern um einen altehrwürdigen 'Slenen' durchaus nobler Herkunft, wie wir wiederum dem Schwarzen Netz entnehmen können: "Der Silenos ist ein Sohn des Pan und einer Nymphe. Immer trunken ist der dickbäuchige Silenos der Erzieher und Begleiter des Dionysos, der Anführer einer Schar von Satyrn ist." [19] Das Kleine Lexikon der Mythologie verrät uns noch ein wenig mehr über unseren ominösen Seilenos (griechisch für Silenus): "Entweder ein alter, glatzköpfiger Satyr oder der Vater der Satyrn. Er tritt nicht im Chor, sondern als einzelner auf. Er besitzt praktische Lebensklugheit und kennt die Zukunft..." [20] Und im Schwarzen Netz finden wir schließlich noch einen weiteren, wesentlichen Verweis, der das Bild abrundet: "Die Silenen in Begleitung des Gottes sollen für das Alter stehen" [21], während die Jugend von den Satyrn mit ihrem 'unreif' erscheinenden Verhalten verkörpert wird.

Wir sollten schon jetzt festhalten, dass die Satyroiden in der klassischen Literatur offenbar nicht nur in drei Erscheinungsformen (Satyre/Faune, Silenen und Pane), sondern auch in drei hierarchischen "Gewichtsklassen" vorkommen. Die griechischen Satyre und ihre italischen Verwandten, die Faune, stellten quasi das "Fußvolk" dieser mythologischen Spezies dar. Zumeist waren sie namenlose, eher unbedeutende Daimonen (mythisierte Gestalten, die als nicht- oder übermenschlich verstanden wurden). Die Silenen hingegen stellen offenbar eine Oberschicht oder Elite mit dem Götterberater Silenus an der Spitze dar. Silenus selber gehörte, als Sohn des Pan und Enkel des Hermes immerhin zum Kreis der Halbgötter.

Abb. 6 Rubens Darstellung des betrunkenen Götterberaters Silenus ist allerdings wenig schmeichelhaft...

Unser "Informant" repräsentierte also nicht die niedere Klasse von Waldgeistern, die sich ihre Zeit einzig und allein mit Schabernack, Saufen und einer anderen, höchst angenehmen, Beschäftigung (Abb. 3) zu vertreiben schien, sondern wir haben es hier in der Tat mit einem Mitglied des olympischen Hochadels zu tun, mithin also mit einem, aus hellenischer Sicht, höchst respektablen Charakter, auch wenn wir bei der Betrachtung seiner späteren Darstellung durch Rubens einen anderen Eindruck (Abb. 6) vermittelt bekommen.

Tatsächlich zieht Theopompus offenbar eine - im doppelten Wortsinn - gewichtige Persönlichkeit als Zeugen heran, die Aelian später als "den Menschen und dem Tod überlegen" charakterisiert. Daran lässt sich erkennen: Silenus ist nicht zufällig zum Erzähler dieses Berichts erkoren worden. Entweder Theopompus hat lediglich eine sehr alte Überlieferung in eigenen Worten schriftlich niedergelegt, die gerade deshalb kolportiert wurde, weil sie in Zusammenhang mit der populären und angesehenen Figur des Silenus stand; oder aber, er schuf eine Rahmenerzählung mit der Figur des angesehenen Silenen, um Alter, Authentizität und Wichtigkeit des Inhalts seiner Erzählung zu unterstreichen, so wie auch Platon zu diesem Zweck Solon, Kritias, Timaios und Hermokrates ins Spiel brachte.

Bevor wir jedoch damit beginnen können, uns etwas eingehender mit Theopompus´ Bericht und mit einem Vergleich seiner Aussagen mit den Angaben Platons zu befassen, müssen wir zunächst noch einige Anstrengungen auf uns nehmen, um hinter das Geheimnis der obskuren Satyre, Pane und Selenen zu kommen, von deren wir hier immer wieder hören.

Wir stellen fest, dass diese Wesenheiten, wie auch Faune, Zyklopen, Nymphen und Dyraden zu jenen archaischen "Fabelwesen" gehören, deren Ursprünge sich im Dunkel früher indoeuropäischer Kultur-Entwicklung verbergen. Während aus Sicht konservativer Mythologen außer Frage steht, dass es sich bei ihnen NICHT um real existierende Lebewesen gehandelt hat, setzt die euhemeristische Mythologie dagegen, dass sogar eine große Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass auch diese mythischen Kreaturen der mediterranen Sagenwelt historische Vorbilder gehabt haben. Entsprechende Überlegungen müssen nicht zwangsläufig krypto-anthropologischer Natur sein, aber wie wir sehen werden, ist auch ein solcher Denkansatz berechtigt.

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Anmerkungen und Quellen

  1. Quelle: Martin Freksa, "Das verlorene Atlantis", Klöpfer & Meyer, 1997, S. 87; Freksa bezieht sich dort auf: Edwin S. Ramage (Hrg.), "Atlantis - Fact or Fiction", Indiana University Press, 1978, S. 26
  2. Anmerkung: Eine literarische Rahmenhandlung, die als solche mit Sicherheit genauso als fiktional einzustufen ist, wie die einleitenden Dialoge in Platons Atlantisbericht.
  3. Quelle: Ignatius Donnelly, "Atlantis, die vorsintflutliche Welt", Eßlingen, 1911, S. 30
  4. Quelle: Claudius Aelianus, Varia Historia, Buch III, c. 18; nach: Harold T. Wilkins, "Secret Cities of old South America", aus der ATLANTIS REPRINT SERIES bei ADVENTURES UNLIMITED PRESS, Kempton, Illinois (USA), Juli 1998 [Erstveröffentl. 1952], S. 113, 114
  5. Quelle: L. Sprague de Camp, "Versunkene Kontinente", Heyne, 1977, S. 23
  6. Quelle: Claudius Aelianus, Varia Historia, Buch III, c. 18; nach: Harold T. Wilkins, "Secret Cities of old South America", aus der ATLANTIS REPRINT SERIES bei ADVENTURES UNLIMITED PRESS, Kempton, Illinois (USA), Juli 1998 [Erstveröffentl. 1952], S. 114
  7. Quelle: Claudius Aelianus, Varia Historia, Buch III, c. 18; nach: Harold T. Wilkins, "Secret Cities of old South America", aus der ATLANTIS REPRINT SERIES bei ADVENTURES UNLIMITED PRESS, Kempton, Illinois (USA), Juli 1998 [Erstveröffentl. 1952], S. 113
  8. Quelle: Claudius Aelianus, nach L. Sprague de Camp, "Versunkene Kontinente", Heyne, 1977, S. 23
  9. Quelle: N. Zhirov, "Atlantis - Atlantology: Basic Problems", Progress Publishers, Moskau, 1968, S. 39
  10. Quelle: Claudius Aelianus, Varia Historia, Buch III, c. 18; nach: Harold T. Wilkins, "Secret Cities of old South America", aus der ATLANTIS REPRINT SERIES bei ADVENTURES UNLIMITED PRESS, Kempton, Illinois (USA), Juli 1998 [Erstveröffentl. 1952], S. 113
  11. Quelle: L. Sprague de Camp, "Versunkene Kontinente", Heyne, 1977, S. 23
  12. Quelle: Egerton Sykes, "The Sahara Inland Sea" (1967), online unter http://kengarman.tripod.com/thelegendofatlantis/id9.html (nicht mehr online); bei Atlantisforschung.de in einer deutschsprachigen Fassung unter: Das saharische Binnenmeer
  13. Quelle: Claudius Aelianus, Varia Historia, Buch III, c. 18; nach: Harold T. Wilkins, "Secret Cities of old South America", aus der ATLANTIS REPRINT SERIES bei ADVENTURES UNLIMITED PRESS, Kempton, Illinois (USA), Juli 1998 [Erstveröffentl. 1952], S. 115
  14. Quelle: Andreas Zompro, Das Schwarze Netz, unter: http://www.sungaya.de/schwarz/griechen/satyrn.htm
  15. Quelle: Andreas Zompro, Das Schwarze Netz, unter: http://www.sungaya.de/schwarz/griechen/silenoi.htm
  16. Quelle: Friedrich Arnold Brockhaus, Bilder-Conversations-Lexikon, Leipzig 1841, Vierter Band, S. 46, 47
  17. Quelle: ebd.
  18. Erklärung: Satyroide(n) = sytyrhafte oder satyrartige Fabel- bzw. Lebewesen
  19. Quelle: Andreas Zompro, Das Schwarze Netz, unter: http://www.sungaya.de/schwarz/griechen/silenoi.htm
  20. Quelle: Kleines Lexikon der Mythologie, unter http://www.gottwein.de/Cap/Mythologie.htm?http%3A//www.gottwein.de/Myth/MythS.htm%7CHauptframe
  21. Quelle: Das Schwarze Netz, unter: http://www.sungaya.de/schwarz/griechen/satyrn.htm


Bild-Quellen

(1) Les oeuvres originales du docteur Chambeyron, unter: http://chambeyron.peintre.free.fr/oeuvre33.html

(2) 'Victor Hugo', http://www.ac-strasbourg.fr/pedago/lettres/Victor%20Hugo/Notes/Satyre.jpg

(3) Ten Dreams Fine Art Galleries, unter: http://www.tendreams.org/bouguereau/nymphes.htm

(4) Mythological Monsters, unter: http://monsters.monstrous.com/the_faun.htm

(5) Mythological Monsters, unter: http://monsters.monstrous.com/bacchus1.htm

(6) http://keptar.demasz.hu/arthp/html/r/rubens/mytholog/ (nicht mehr online)