Greg Alexander und Alison Moroney: Atlantis in Ostafrika
(red) Was die Atlantis-Lokalisierungen auf dem 'Schwarzen Kontinent' betrifft, so ist Nordafrika mit Sicherheit der Großraum, der die meisten Kandidatinnen hervorgebracht hat. Südafrika hat dagegen - wenn wir von der Debatte um die geographische Verortung des mythisch-legendären, bisweilen mit Atlantis gleichgesetzten Äthiopien sowie von einer einzelnen frühen Atlantis-Lokalisierung aus dem 17. Jahrhundert [1] und der Tatsache absehen, dass in der Republik Südafrika tatsächlich eine Ortschaft namens Atlantis existiert [2] - nie eine nennenswerte Rolle gespielt.
Was Westafrika angeht, so sorgten erst im frühen 20. Jahrhundert der britische Offizier und Kolonialbeamte Cyril Hammond Elgee sowie vor allem der deutsche Ethnologe und Afrikaforscher Leo Frobenius mit ihren (unabhängig voneinander entwickelten) Hypothesen und Theorien dafür, das alte Yorubaland bzw. das Gebiet der heutigen Staaten Nigeria, Benin und Togo im atlantischen Küstenbereich, respektive am Golf von Guinea in den atlantologischen Diskurs zu bringen. [3]
In Hinsicht auf Ost- und Zentralafrika dauerte es schließlich noch einige Jahrzehnte, d.h. bis zum Ende des 20. und Beginn des 21. Jahrhunderts, um auch diesen fernab vom Atlantik befindlichen Bereich Afrikas als Atlantis-Örtlichkeit zu popularisieren. In diesem Zusammenhang ist hier wohl vor allem der britische Autor Greg Alexander zu nennen, der in seinem 2004 erschienenen Buch "Atlantis: The Origin of a Legend" (Abb. 1) eine radikale Neuinterpretation der alten Überlieferungen über Atlantier und Amazonen vornimmt.
Greg Alexander, über dessen Vita bisher praktisch nichts in Erfahrung zu bringen war, baut seine revisionistischen Überlegungen in erster Linie auf den Informationen auf, die uns der antike Historiker Diodorus Siculus hinterlassen hat. Platon dagegen hält er für keinen besonders zuverlässigen Berichtertstatter, und stellt nach einer kurzen Beschau anderer Materialien fest: "Die griechische Mythologie untersützt widerspruchsfrei den Bericht Diodors, aber nicht den von Plato." [4]
Nachdem Alexander die Ereignisse der Atlantida des Diodor unter Hinzuziehung anderer antiker Quellen vom atlantischen Nordwesten Afrikas in südöstlicher Richtung 'verschoben' hat, identifiziert er in "Atlantis, the Origin of a Legend" dessen geographische bzw. topographische Angaben folgendermaßen: "Ich platziere den Ort der Ereignisse in Afrikas Great Rift Valley, und halte den Victoriasee für einen Überrest des Sees mit jener Insel, die von den Amazonen bevölkert wurde, bevor ein seismisches Ereignis des Altertums die Landschaft für immer veränderte." [5]
Bereits ca. sechs Jahre vor dem Erscheinen von Greg Alexanders "Atlantis, the Origin of a Legend" war die australische Amateur-Archaeoastronomin und Astrologin [6] Alison Moroney in ihrem Buch "Pathway to Atlantis" (Abb. 4) [7] - das leider in der atlantologischen Community praktisch unbeachtet blieb - zu ganz ähnlichen Schlussfolgerungen gelangt wie er. Allerdings platzierte sie nicht die Hauptstadt der Amazonen-Königin Myrina in den Victoriasee, sondern die Metropolis der Atlantier. Die Gipfel des Kilimandscharo und des Mount Kenya identifizierte sie als die Säulen des Herakles. [8] Jedenfalls darf auch sie nicht für sich in Anspruch nehmen, die erste erste ostfrikanische Lokalisierungs-Hypothese der modernen Atlantologie-Geschichte vorgelegt zu haben.
Es ist nämlich festzustellen, dass es tatsächlich schon in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts einen wenig bekannten Atlantisforscher gab, der Ostafrika in seine Überlegungen einbezog, weshalb er hier Erwähnung finden sollte. Gemeint ist der französische Autor Daniel Duvillé. Er beschrieb in seiner Abhandlung "L’Aethiopia Orientale ou Atlantide, Initiatrice des Peuples Anciens" aus dem Jahr 1936 ein Atlantis als Großinsel im Atlantik (inklusive einer Halbinsel, die sich bis nach Island hin erstreckt haben soll) sowie ein weiteres Atlantis im Osten Afrikas (dem Gebiet des späteren Äthiopien). [9]
Anmerkungen und Quellen
Fußnoten:
- ↑ Siehe: Bock praes. Kirchmajer de Atlantide ad Timaeum atque Critiam Platonis, Witteb. 1685; nach: Karl Friedrich Hermann, "Geschichte und System der Platonischen Philosophie", C.F. Winter, 1839, S. 703
- ↑ Siehe: Gavin Hayes, "Atlantis existiert (und es ist grauenhaft)", 15. Februar 2010 bei VICE.com (abgerufen: 30. April 2016)
- ↑ Anmerkung: Erwähnenswert sind in diesem Zusammenhang auch die spätere Atlantis-Lokalisierung des italienischen Geschichtsprofessors Livio Catullo Stecchini auf der Insel São Tomé im Golf von Guinea, sowie die von Marcello Cosci (vormals Universität Siena) auf der Sherbro-Insel vor der Küste Sierra Leones.
- ↑ Quelle: Greg Alexander, "Atlantis and Greek mythology" (abgerufen: 30. April 2016; Übersetzung ins Deutsche durch Atlantisforschung.de)
- ↑ Quelle: ebd.
- ↑ Quelle: Stelios Grant Pavlou, "Alison Moroney", bei Atlantipedia.com (abgerufen: 30 April 2016)
- ↑ Siehe: Alison Moroney, "Pathway to Atlantis", Singleton, N.S.W., 1998 (Abb. 4)
- ↑ Quelle: Stelios Grant Pavlou, "Alison Moroney", bei Atlantipedia.com (abgerufen: 30 April 2016)
- ↑ Siehe: D. Duvillé, "L’Aethiopia Orientale ou Atlantide, Initiatrice des Peuples Anciens", Paris (Malfére), 1936; siehe online auch: Raymond Janin, Duvillé (D.), L'Æthiopia orientale ou Atlantie initiatrice des peuples anciens (Rezension), in: Échos d'Orient, tome 35, n°184, 1936
Bild-Quellen:
- 1) iUniverse / Bld-Archiv Atlantisforschung.de
- 2) Links: NASA / CarolSpears, bei Wikimedia Commons, unter: File:Snow and Ice on Kilimanjaro-2000.jpg
- 2) Rechts: NASA, bei Wikimedia Commons, unter: File:Victoriasee.jpg
- 3) Le meilleur des nouveautés livres, unter: L'Aethiopia orientale ou Atlantie initiatrice des peuples anciens. Suivie de Naissance et propagation de l'alphabet. Broché – 1936 (Bild-Bearbeitung durch Atlantisforschung.de)
- 4) Bild-Archiv Atlantisforschung.de