Theorien über Atlantis II - Konformistische Atlantis-Theorien

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Abb. 1 Minoische Händler in Ägypten

(bb) Die zweite atlantologische Hauptrichtung, die wir als 'Jungzeitler' be- zeichnen, entstand im 20. Jahrhundert als gleichsam revisionistische Strömung innerhalb der modernen, rationalen Atlantisforschung. Ihre Repräsentanten (z.B. Adolf Schulten, Victor Bérard, Spyridon Marinatos, Jürgen Spanuth sowie Dr. Eberhard Zangger, Robert Paul Ishoy und Thorwald C. Franke) waren und sind zumeist schulwissenschaftlich orientierte Forscher, deren Weltbild ihnen eine Akzeptanz der klassischen Interpretation zu den Zeitangaben Platons verbietet (siehe: Metachronismus-Hypothese). Widerspricht doch die Annahme, es habe schon vor mehr als zehn Jahrtausenden kulturell hochstehende Zivilisationen gegeben, nicht nur den damaligen und auch heute noch gültigen Paradigmen 'orthodoxer' Historiker, sondern auch der evolutionistischen Auffassung von einer linearen Menschheitsentwicklung.

Also waren die 'Jungzeitler' gezwungen, durch entsprechende Interpretationen von Platons Daten eine chronologische "Neukalibrierung" der Atlantida vorzunehmen. Dazu wurde z.B. vorausgesetzt, die ägyptischen Priester-Historiker hätten in ihren Berichten "Mondjahre" (entsprechend unseren Monaten) oder "Saisonjahre" (Quartale oder Triale eines Jahres) als Zeiteinheiten verwendet; oder man erwog, Solon bzw. Platon habe bei der Übertragung der ägyptischen Zahlenangaben einfach eine Null zuviel notiert.

Mit dergestalt interpretierten Zeitangaben erreich(t)en diese Atlantisforscher des 20. Jahrhunderts und der Gegenwart dann protohistorische Epochen, in denen die Existenz eines realen Atlantis auch aus schulwissenschaftlicher Sicht möglich erscheint, und in der sie es suchen. So wurden im vergangenen Jahrhundert z.B. Tartessos in Iberien, verschiedene Orte in Nordafrika, das Minoische Kreta, die Vulkaninsel Thera, Karthago und sogar Troja zu Forschungsobjekten der Atlantologie.

Nicht ohne Grund verweisen die 'Jungzeitler' auf die Parallelen, die sich in Platons Atlantida zu den Ereignissen während der 'Ersten Völkerwanderung', im späten 2. Jahrtausend vor Christus, ziehen lassen. Auch Analysen aus diesem Lager verdienen Beachtung, die sich auf den eindeutig proto-hellenischen Charakter des von Platon beschriebenen Ur-Athen beziehen, das unmöglich in der beschriebenen Form am Ende der jüngsten Eiszeit existiert haben kann.


Fortsetzung:


Theorien über Atlantis III - Das neolithische Atlantis


Bild-Quelle

(1) Hellenica, unter: Minoische Kultur