Eduard Suess

Forscher- und Autorenportrait

"Die Wissenschaft kennt keinen zunftmäßigen Befähigungsnachweis. In der Aufsuchung der Wahrheit stehen wir uns alle gleich; und was dem einen von uns heute als unwahrscheinlich erscheint, kann morgen als wahr erwiesen worden sein. Darum gibt es gar kein anderes Forum als dasjenige der vollen Öffentlichkeit." (Eduard Suess, 1896)

Auf einen Blick

Abb. 1 Der Geologe Eduard Suess (1831–1914) auf einer ca. 1869 entstandenen Lithographie von Josef Kriehuber (1800–1876)

(red) Eduard Suess (Abb. 1) (* 20. August 1831 in London; † 26. April 1914 in Wien) [1] war ein seinerzeit prominenter österreichischer Geologe des 19. Jahrhunderts, der heute "als einer der Väter der modernen Geologie" [2] gilt. Hinsichtlich seiner herausragenden Qualitäten und Leistungen als Forscher ist bemerkenswert, dass er 1857 an der Universität Wien zum Professor für Paläontologie ernannt wurde, ohne promoviert zu haben oder über eine Habilitation zu verfügen. [3] 1862 wurde Suess, der u.a. ein führender Experte für den tektonischen Bau der Alpen war, dort der Lehrstuhl für Geologie übertragen, den, nebenbei bemerkt, in späterer Zeit auch der als Sintflut- und Atlantisforscher bekannt gewordene Alexander Tollmann (1928-2007) inne hatte. [4]

Zu Eduard Suess’ Vermächtnis als Forscher an die Nachwelt gehören z.B. von ihm geprägte, in den fachwissenschaftlichen Sprachschatz eingegangene Begriffe, wie Lithosphäre, Hydrosphäre und Biosphäre. Zudem sind auf ihn die paläo-geographischen Entdeckungen des einstigen 'Superkontinents' Gondwana und des Urzeit-Meeres Tethys zurückzuführen. [5]

Eduard Suess und 'Atlantis'

Ungeachtet der Tatasache, dass Eduard Suess im Zusammenhang mit einer von ihm vermuteten, im Atlantischen Ozean untergegangenen kontinentalen Landmasse wiederholt den Begriff 'Atlantis' verwendete [6], war er keineswegs Anänger oder gar Verfechter der 'klassischen' Atlantis-Theorie eines rezent existenten, von Menschen bewohnten 'Atlantis im Atlantik' als Heimstätte vorzeitlicher Hochkultur. Bei seinem Atlantis handelte es sich vielmehr um eine zunächst paläozoische - d.h. in der geologischen Tiefenzeit angesiedelte - Landverbindung zwischen den den heutigen Europa und Amerika. Zudem äußerte er zwar die Auffassung, "dass dieses Festland sich bis in sehr junge Phasen der Erdgeschichte herauf als solches erhalten hat" [7], mit Platon und dessen Atlantisbericht hatte dies aber trotzdem nichts zu tun, obwohl so etwas später wiederholt behauptet [8] [9] oder angedeutet [10] wurde. Allerdings wurden Suess’ diesbezügliche Arbeiten im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert von Atlantisforschern - namentlich von Ignatius Donnelly - aufgegriffen, "um z.B. einen realen Kern der Atlantissage und anderer hypothetischer Kontinente zu erklären und weiter auszudeuten." [11]

Eduard Suess und der Sintflutbericht

Einen konkreten Beitrag leistete der österreichische Geologe dagegen auf dem Gebiet der Sintflut-Forschung. In der Ausgabe von Das Antlitz der Erde aus dem Jahr 1904 "versuchte Suess", wie es in der deutschsprachigen Wikipedia heißt, "naturalistische Erklärungen für den biblischen Sintflut-Bericht zu finden: er hielt die Flut für das tragische Zusammentreffen eines seismischen Ereignisses mit einem tropischen Sturm am Südende des Persischen Golfs und einem Tsunami, der Überlebende in seetüchtigen Booten bis in die Bergländer im Norden des heutigen Irak gespült haben könnte. Das Aufbrechen der Brunnen der Großen Tiefe (1 Gen 7,11) führte er auf das bekannte Phänomen von Quellen in den Schwemmgebieten großer Flüsse zurück, die während eines Erdbebens plötzlich mehr Wasser ausspeien." [12]


Anmerkungen und Quellen

Fußnoten:

  1. Quelle: o.A., "Eduard Suess, Prof.", bei 650 plus – Geschichte derUniversität Wien (abgerufen: 12. Januar 2020)
  2. Quelle: Walter-Jörg Langbein, "2012 - Endzeit und Neuanfang: Die Botschaft der Mayas", Langen Mueller Herbig, 2015, S. 72
  3. Siehe: Klaus Taschwer, "Ein Wissenschafter als Wohltäter Wiens", in: Der Standard, 24. April 2014 (abgerufen: 12. Januar 2020)
  4. Anmerkung: Dies sei hier auch deshalb erwähnt, weil Prof. Tollmann und seine Gattin Dr. Edith Kristan-Tollmann das Werk von Eduard Suess ungemein schätzten und für die Österreichische Geologische Gesellschaft als Herausgeber eine Jubiläums-Abhandlung über ihn publizierten. Siehe: Alexander Tollmann, Edith Kristan-Tollmann (Hrsg.): "Eduard Suess – Forscher und Politiker – Gedenkschrift zum 150. Geburtstag", Österreichische Geologische Gesellschaft, 1981
  5. Quelle: Wikipedia - Die freie Enzyklopädie, unter: "Eduard Suess" (abgerufen: 12. Januar 2020)
  6. Siehe: Eduard Suess, "Das Antlitz der Erde, Band II", Prag / Wien / Leipzig, 1888, S. 281, 318 und 370
  7. Anmerkung: Laut Suess (1888, S. 318) soll es sich bei Grönland um einen Überrest dieser geologischen Atlantis handeln.
  8. Siehe z.B.: Garrett P. Serviss, "Sunken Continent Atlantis", 5. Nov. 1913, in The San Francisco Call; ins Deutsche übersetzt bei Atlantisforschung.de unter: "Der versunkene Kontinent Atlantis - Männer der Wissenschaft diskutieren wieder die Frage, ob Platos Erzählung von seinem Verschwinden ein Traum war, oder die verblassende Erinnerung an eine unerhörte Tatsache."
  9. Siehe auch: Lazaros Miliopoulos, "Atlantische Zivilisation und transatlantisches Verhältnis: Politische Idee und Wirklichkeit", Springer-Verlag, 2008, Kapitel VI, S. 162; Red. Anmerkung: Miliopoulos verweist dazu auf den - immerhin etwas vorsichtiger formulierenden - Franz Wegener (siehe Fußnote 10).
  10. Siehe z.B.: Franz Wegener, "Das atlantidische Weltbild und die integrale Tradition: Nationalsozialismus und Neue Rechte auf der Suche nach der versunkenen Atlantis", Kulturfoerderverein Ruhrg., 2014, S. 34
  11. Quelle: Wikipedia - Die freie Enzyklopädie, unter: "Eduard Suess" (abgerufen: 12. Januar 2020)
  12. Quelle: ebd.

Bild-Quelle: