Eire - Das Iere des Ostens

Abb. 12 Auch in den Mythen des alten Irland scheint es Hinweise auf eine prädiluviale Inselwelt des Atlantik und auf ein großes, versunkenes Reich der Vorzeit zu geben.

(bb) Wie wir bereits zu Beginn unserer Betrachtung festgestellt haben, sah Harold T. Wilkins eindeutige Zusammenhänge zwischen den Mythen und Legenden der alten ('schwarzen' und 'roten') Karibier und jenen aus dem alten Irland: "Sie scheinen", wie er konstatiert hat, "valide Evidenzen [sic!; bb] für eine lange zurückliegende Landverbindung zwischen [dem irischen] Galway und den Westindischen Inseln darzustellen." [1] Wie kam er zu dieser mehr als gewagt erscheinenden Behauptung?

Zunächst waren auch Wilkins die Annahmen und Erkenntnisse der Geologie des 19. Jahrhunderts zum Atlantikraum bekannt, die bis weit ins 20. Jahrhundert hinein von Atlantologen diskutiert wurden. [2] So bemerkte etwa Alexander Braghine 1940 zum Werk >Proofs of Earth´s Sphericity< (Kapitel XIX) des berühmten Naturforschers Georges-Louis Leclerc de Buffon: "Vielleicht, sagt Buffon, war Amerika einst durch einen vergleichsweise schmalen Landstreifen mit der Azoren-Gruppe und Irland verbunden.

Einen Beleg für seine Erklärung finden wir im folgenden Faktum: Die Überreste bestimmter fossiler Tiere und Muscheln, die für Amerika typisch sind, hat man auch in Irland, aber ansonsten nirgendwo in Europa, entdeckt. Darin stimmt Buffons Auffassung mit dem Werk des Wissenschaftlers Lamettrie überein, das Ende des achtzehnten Jahrhunderts publiziert wurde."

Des weiteren, so Braghine, "erwähnt der Abbé Moreux die interessanten Forschungen des Wissenschaftlers Bory de Saint-Vincent, der 1803, nahe den Kanaren-Inseln, eine erste Untersuchung des Atlantischen Ozeans vornahm. Nach Moreux bestätigte diese Untersuchung die Berichte altertümlicher Autoren bezüglich der navigatorischen Probleme in jenen Regionen: die Inseln Madeira, die Azoren, die Kapverdische Gruppe, die Felsen von Steer-Ground und andere dort verstreute Inselchen, vermitteln den Eindruck, sie seien Überreste eines alten Kontinents, der von der See überflutet wurde. Der Hypothese Bory de Saint-Vincents folgend, waren die Bruchstücke eines Kontinents in dieser Region früher noch zahlreicher, doch infolge des Wirkens diverser natürlicher Ursachen seien sie nach und nach verschwunden." [3]


Mythologische Indizien für das versunkene Iere / Eire

Wilkins führt jedenfalls vor allem mythologische Indizien für die rezente Existenz einer trans-atlantischen Landbrücke an, wobei ihm die Folklore Galways in Form einer Legende über das alte Atlantik-Reich die Grundlage für seine Annahme liefert: ">Dort gab es<, sagt das alte Volk von Galway, >einen breiten, wunderschönen Highway, mit Lichtern entlang des ganzen Weges, der zu den Inseln des Westens, oder den Gesegneten (?), führte, und um zu diesen Inseln zu kommen, musste man viele Monate auf der großen Straße reisen. In Abständen gab es an der großen Straße Abzweigungen, die zu anderen Teilen des Großen Königreichs von Ayree oder Iere führten. Eine Straße führte in ein wunderbares Land, wo alle Menschen schwarz waren. Weiter im Norden waren alle Menschen groß und wohlgestaltet und fuhren in goldenen Wagen herum." [4]

Abb. 13 Einige der ältesten Überlieferungen zum urzeitlichen Iere scheinen sich in der Grafschaft Galway, im Westen Irlands, erhalten zu haben.

In der Tat ähnelt diese Legende frappierend den Überlieferungen von der "Goldstraße" aus Trinidad und Grenada. Wir müssen jedoch bei einer euhemeristischen Exegese der beiden hoch-spezifischen und durchaus verwandt erscheinenden Überlieferungen keineswegs voraussetzen, dass man einstmals tatsächlich trockenen Fußes von den Küsten Europas bis in die heutige Karibik gelangen konnte. Jedenfalls haben wir Grund zur Annahme, das beide Überlieferungen aus einer gemeinsamen Quelle stammen, und im Zusammenhang mit einstigen Reise-Möglichkeiten über den Atlantik hinweg stehen - nicht nur wegen der Namens-Ähnlichkeiten zwischen "Eire", "Ayree" und "Iere". Offenbar ist hier von einer Zeit die Rede, als die heutigen britischen Inseln noch miteinander und mit dem europäischen Festland verbunden waren.

Interessant erscheint, dass auch die alt-irischen Überlieferungen von einem ausgedehnten, panatlantischen Kulturraum mit mehreren Zivilisationen zu berichten scheinen, wobei keineswegs verwundern darf, dass in dieser Version der Geschichte die Vorfahren der alten Iren (die mit Sicherheit weder Garifuna noch 'rote Kariben' waren ...) die Vorherrschaft in dieser prädiluvialen Welt zugeschrieben bekommen: "Das alte Volk von Galway, im westlichen Irland, sagt: >Der König von Galway war in uralten, weit zurückliegenden Zeiten der größte König auf der Welt. Er hatte drei Kronen, und die eine Krone bedeutete, dass ihm Afrika gehörte, woher [sein] Gold kam und die wunderbaren Juwelen. Er sandte einen seiner Söhne nach Afrika, um dort ein großes Königreich aufzurichten, das eine Million Jahre [sic!] existierte. Ein anderer Sohn lebte genau im Westen, im Land des Sonnenuntergangs, wohin alle guten Menschen kommen, wenn sie sterben." [5]

Der Machtbereich der urtümlichen Könige von Irland scheint sich, wie die drei Kronen symbolisieren, über Ayree/Eire, über Teile Afrikas und zudem des mysteriöse "Landes des Sonnenuntergangs" erstreckt haben, das uns auch aus vielen Mythen der 'Alten Welt' bekannt ist. Bereits die Alten Ägypter kannten jenes geheimnisvolle Land im fernen Westen, wohin die Toten gingen. Die Hellenen gingen ebenfalls davon aus, dass jenseits des Okeanos ein mythisches 'Land der Nimmer-Wiederkehr' existierte, und der hellenische Historiker Theopompus wies, wie auch Platon, auf den gewaltigen Kontinent j e n s e i t s der Inselwelt des Atlantik hin. (Vergl. dazu auch: Die Anostida des Theopompus) In all diesen Quellen ist ist jedoch, wie wir festhalten sollten, keine Rede von einer L a n d b r ü c k e.

Wie Theopompus´ Bericht betont offenbar auch die irische Mythe, die Wilkins hier anführt, dass es sich bei den Bewohnern der wichtigsten Landmasse der atlantischen Inselwelt (hier Ayree, bei den Kelten Emain Ablach, bei den Basken Atlaintika, bei den Kariben Iere, bei den kanadischen Okanagan Samah-tumi-whoo-lah, Taláwaitíchqua bei den Hopi, bei Theopompus Meropa, und schließlich das allseits bekannte Atlantis bei Platon) um Angehörige einer bedeutenden Städtebauer-Kultur gehandelt habe, und wie in der karibischen Überlieferung konnten die Menschen der Vorzeit nach Ansicht der alten Iren fliegen: "Auch große Gebäude, wie man sie in Irland nie gesehen hat, besaßen sie. Und diese Gebäude hatten keine Treppen, weil in jenen weit zurückliegenden Zeiten jedermann fliegen konnte." [6]

Abb. 14 Die Figur des christlichen St. Patrick (Bild) scheint in der irischen Mythologie mit einem weitaus älteren Kultur- und Heilsbringer verschmolzen zu sein, ähnlich wie bei den amerikanischen Charakteren Itzamna und 'Viracotcha / Gucumatz' und vermutlich auch im Fall des karibischen 'Parr'.

Weiter heißt es über dieses 'Goldene Zeitalter': "Damals gab es keine Schiffe, nur Boote, da es überhaupt kein Meer gab, sondern nur Flüsse und Seen. Und dieses ganze Große Land wurde Eire genannt, was Ayree ausgesprochen wurde. In jenen entlegenen Tagen war jeder entweder ein Elf [orig.: "fairie"; d.Ü.] oder ein böser Geist. Sie tanzten in der Luft wie Blätter, die vom Wind getragen werden, wenn die richtige Musik gespielt wurde. Es war eine wunderschöne traurige Musik, weil sie voller Wünsche steckte, und wenn Menschen Sehnsucht haben, dann seufzen sie." [7]

Auch in den alt-irischen Überlieferungen scheinen offenbar Erinnerungen an unterschiedliche prähistorische Perioden miteinander verschmolzen zu sein, denn die topographischen Beschreibungen lassen sich kaum 'unter einen Hut' bringen. Da waren zum einen jene Zeiten der fliegenden Elfen und bösen Geister, in denen angeblich "überhaupt kein Meer" zwischen Europa/Afrika und Amerika vorhanden gewesen sein soll. Eine durchgehende Fernstraße soll die Länder zu beiden Seiten des Atlantik verbunden haben. [8]

Andererseits soll es eine Zeit gegeben haben, in der in den Mythen von Galway offenbar (wie bei Platon und Theopompus) zwischen einer atlantischen Inselwelt (den "Inseln der Seligen") und dem dahinter liegenden Kontinent unterschieden wurde, wo die alten Iren einen dämonischen Feind wähnten: "Es gab einen schrecklichen Teufel, der im Westen, jenseits der Inseln der Seligen, wohnte. Er ernährte sich von neugeborenen Babies [9] und er hatte eine Schlange, die Ziegen lebend verschlang. [...] Er war in der Tat schrecklich, und er versuchte auf jede erdenkliche Weise, die Menschen zum Schlechten zu verführen. >Doch ein Weg, ihn fernzuhalten und seine Zauberei wirkungslos zu machen, bestand darin zu lachen, zu tanzen und zu singen.

Dann, wenn jedermann glücklich war und alle Lichter leuchteten, dann musste er sein Angesicht verbergen. Und wenn irgendjemand in dem Großen Land missgestaltet oder deformiert war, so lag es daran, dass er vom Teufel geschlagen war. Und in den alten Zeiten wurden solche hässlichen und missgestalteten Menschen vernichtet<. [...] Und der Teufel war eifersüchtig, weil jedermann so glücklich, gut und leichten Herzens war. So schickte er nach vielen giftigen Schlangen; doch der gute St. Patrick (Abb. 14) kam und verbannte all die Schlangen auf ewig, und den Teufel selbst schickte er nach Westen, wo er, das ist sicher, noch bis heute wohnt." [10]

Natürlich sind sowohl der "Teufel" als auch der heilige Patrick Figuren, die erst in christlicher Zeit in die irischen Legenden einflossen, aber der "moderne" St. Patrick scheint lediglich eine christianisierte Spätform des "weisen Mannes" und Kulturbringers zu sein, den wir als Viracotcha / Quetzalcoatl aus Mesoamerika kennen und, im Zusammenhang mir Iere, auf Trinidad als "Parr" wiedergefunden haben. (Zur klassischen Viracotcha-Interpretation - Kulturbringer aus dem Osten - siehe: Graham Hancock, "Fingerprints of the Gods", London 1995; zu einer alternativen Hypothese - Kulturbringer aus dem Westen - siehe: Die weißen Götter: Diffusionismus einmal anders herum von Reinhard Prahl)


Das Baal-Fest beiderseits des Atlantik

Als weitere "kuriose" Verbindung zwischen Irland und den Westindischen Inseln betrachtet Wilkins die "Bealtine", oder das Baal-Fest, das am 1. Mai jeden Jahres begangen wurde. "Bei Gloucester, im Tal von Severn, gibt es einen Hügel, May Hill genannt, auf dessen Kuppe sich ein Hain von Bäumen befindet. Die örtliche Überlieferung erklärt, das in diesem Hain auf der Hügel-Kuppe, der seit altersher mit der Bealtine des Sonnengottes in Zusammenhang gebracht wird, nie mehr als einhundert Bäume gleichzeitig wachsen würden. In einem anderen Landesteil, im Stroud-Tal, hat der Brauch des Bealtine, in Zusammenhang mit einem verschwundenen Sonnentempel silurischen Ursprungs, zur Namensgebung eines reizenden Dorfes, genannt Custom Scrubs, sowie eines weiteren kleinen Ortes geführt, etwa gut sieben Meilen entfernt [...], der Custom-Mede heißt. In beiden Fällen bezieht sich das Element CUSTOM auf eine uralte Festivität: die Bealtine.

Es ist bemerkenswert, dass selbiger Brauch der Sonnenverehrung durch eine uralte, heliolithische Rasse von den Schwarzen und Kariben auf den Westindischen Inseln bis zum heutigen Tag als BELTON bezeichnet wird." Und auch in "Schottland beschuldigten seine alten Bewohner die alten Iren, sie hätten vor langer Zeit die Beltane, oder Bealtine, oder den Baal-Tanz sowie andere >Infamien< nach Schottland gebracht." [11] Wilkins weiter: "Eine irische Lady, die ich kenne, berichtete mir, dass ihr eine alte Frau in Galway, die im finsteren Ruch stand eine Hexe zu sein, erzählt habe, dass sie, die alte Hexe, jedes Jahr nach Westen zog, um als persönlicher Gast des Teufels die Bealtine einzuhalten." Wilkins mutmaßt dazu, dass auch heute noch ein organisierter Kult bestehen könne, und dass er durch ein Oberhaupt geführt werde, welches vermutlich die Rolle des Teufels einnähme. Auch hier taucht übrigens wieder das Motiv fliegender Menschen auf, wozu die alte "Hexe" aus Galway lakonisch bemerkt: "Fliegen ist ganz leicht, wenn Du weißt, wie´s geht"... [12]

Abb. 15 Die Westindische Insel St. Lucia soll, wie Wilkins´ Quellen nahelegen, bis in die Gegenwart hinein ein Zentrum der - zu einer Art Satanisten-Kult degenerierten - Baal-Verehrung jenseits des Atlantik gewesen sein.

Über die, angeblich noch heute (bzw. vor einem halben Jahrhundert) praktizierten, geheimen Belton-Riten der Westindischen Inseln heißt es bei Wilkins: "Es ist ein Ritus, bei dem die native Polizei nicht eingreifen wird, auch wenn im Zusammenhang mit dem Belton sehr hässliche Gerüchte über Kinder-Opfer umgehen. Auf St. Lucia (Abb. 15), [einer der] Westindischen Inseln, die unter den Eingeborenen den Ruf hat, >die Heimat des Teufels< , oder ein Zentrum schändlicher Riten zu sein, die mit Nekromantentum, Schwarzer Magie, dem Belton oder der Bealtine in Verbindung gebracht werden, wird das Belton, trotz eines Verbotes durch die britischen Behörden, jährlich gefeiert.

Eine englische Lady, die jahrelang auf den Westindischen Inseln gelebt hatte, erzählte mir, dass sie eine Belton-Prozession an ihrem Haus auf dem MORNE, einem kleinen, runden, isolierten Berg, vorbeiziehen sah. Sie sagte zu mir: >Von dem eingeborenen Polizisten wurde mir erzählt, dass sie zur Anhöhe des Roseau Valley hinauf ziehen würden, wo sie schreckliche Dinge täten, bis hin zur rituellen Opferung von Kindern. Ich fragte ihn, warum er sie nicht aufhalte. Er antwortete: »Kann ich nicht, Mistress. Es sind zu viele für mich und sie haben `ne Menge Rum getrunken [13] ... Ich bin Polizist und mir sagen sie nichts, aber andere haben diese Dinge gesehen. Sie können sie im Tal sehen, Mistress. Und der Mond zeigt, dass [heute] die Nacht des Belton ist.«

Dann sagte er mir, dass der Teufel höchst persönlich auf einem goldenen Stuhl saß, die Vorgänge überwachte und Anweisungen gab. Der Teufel trug drei Kronen und eine Schlange lag zusammengerollt neben ihm. Die Schlange fraß einen lebenden Ziegenbock. Diese Geschichte habe ich, in Variationen, [auch] auf Grenada, W.I., gehört, wo diese Riten am Grand Etang zelebriert werden, einem See im Krater eines erloschenen Vulkans. Man erzählte mir zudem, dass der Teufel nach der Fer-de-lance, einer giftigen Schlange, geschickt hatte, weil er wütend darüber war, dass der gute Mann aus dem Osten alle Giftschlangen vertrieben hatte." [14]


Weitere Anhaltspunkte für einen gemeinsamen Ursprung der Mythen von Iere und Eire

Wilkins berichtet auch über angebliche Entdeckungen eines Dr. Forrest, der auf der westindischen Insel Antigua "gravierte Stein-Erzeugnisse unklaren, aber hohen Alters" entdeckt habe, "die aus einem Stein gehauen sind, der NUR IN IRLAND gebrochen wird. Niemand auf Antigua konnte ihm irgendwelche Auskünfte über diesen Stein geben, außer, dass er sehr alt und unbekannten Ursprungs sei." Zudem bezieht er sich auf einen Autor namens Southey und dessen Buch "Common Place Book". Southey schreibt dort, laut Wilkins, dass die Leute von Arranmore, der größten der südlichen Arran-Inseln an der Küste Galways, "noch heute davon überzeugt sind, dass sie an klaren Tagen von dieser Küste aus Hy-Brassail (O´Breasal, die Königsinsel), das verwunschene Eiland, sehen können, das Paradies der heidnischen Kelten, auf welches sie sich in einer Anzahl romantischer Geschichten bezogen." [15]

Abb. 16 Landeten an der irischen Küste vor Jahrtausenden aboriginale, non-amerinde Invasoren aus Amerika? Verschiedene Details in den Legenden über das mysteriöse Volk der Fomorier legitimieren Überlegungen in diese Richtung.

Eine weitere Quelle, die Wilkins bei seinen Betrachtungen hinzuzieht, ist Colonel Vallancey´s Buch "Collectanea de Rebus Hibernicis", wo es heißt: "Die alten Iren sagen, dass ein großer Teil Irlands von der See verschlungen wurde, und dass der versunkene Teil häufig aus dem Meer emporsteige und regelmäßig von der Nordküste, oder vom Nordwesten der Insel aus am Horizont zu sehen sei. Dieser solcherart auftauchende Teil wird Tir-Hudi genannt, oder die Stadt (des Propheten) Hud ... Dort gibt es eine Stadt, die einst über alle Reichtümer der Welt verfügte, und deren Schlüssel unter einem druidischen Monument begraben liegt." [16]

Für ausgesprochen bemerkenswert hält Wilkins bezüglich der alten Kariben-Überlieferungen zum großen Land Iere auch die Existenz eines - leider nicht genauer benannten - Megalithen in Irland, "der, wie ein britischer Geologe sagte, der ihn examinierte, wahrscheinlich aus AFRIKA stammte. Zudem gibt es alte irische Legenden, dass ihre ringförmig [aufgebauten] Steine von einem Zauberer aus Afrika hergebracht wurden." [17] Unklar erscheint allerdings, was wir in den altirischen Mythen eigentlich unter "Afrika" zu verstehen haben. So wies bereits Ignatius Donnelly im Zusammenhang mit den Formoriern auf dieses Problem hin: "Ihre eigentlichen Namen waren >Fomhoraicc<, >F´omoraig Afraic<, >Fomoragh<, Wörter, die in >Formorier< modifiziert wurden. Sie besaßen Schiffe, und der Name >F´omoraig Afraic< deutet an, daß sie aus Afrika gekommen sind.

In jener Zeit bedeutete nämlich das Wort >Afrika< nicht den ganzen Kontinent, den wir heute darunter verstehen, sondern es kommt von Apar, Aphar, Apara, Aparica, das in atlantischer Sprache schlichtweg nur >der Westen<, das Abendland, hieß, so wie wir ja heute unter dem Worte >der Orient< zumeist das südasiatische >Morgenland< verstehen." [18] War "Aphar" somit eine Bezeichnung für das westliche, atlantische Afrika, oder kamen die ersten Iren - oder zumindest einig von ihnen - möglicherweise doch aus dem atlantischen Westen auf die 'Grüne Insel'? Gab es womöglich eine frühe Besiedlung der britischen Inseln durch nicht-indianische, präkolumbische Amerikaner? (Vergl. dazu: Neuenglands keltische Ortsnamen von Prof. Barry Fell)

Einen deutlichen Hinweis darauf liefert uns ein anderer Aspekt der Formorier-Legenden, den G. Iudhael Jewell in einem Aufsatz anspricht: "Die irische Überlieferung erwähnt, dass die brutalen, kriegerischen Formorier >Giganten< waren [...] und zur Halloween-Zeit Kinder forderten. Die piktische Überlieferung beinhaltete das selbe. Schließlich wurden sie bis nördlich der Hebriden-Inseln, aus dem nordwestlichen Schottland bis nach Tory Island und aus dem nord-westlichen Irland in die hohe See des Atlantik vertrieben. Von dort zogen sie auf Raubzug gegen das Volk von Ulster. Angeblich sollen die formorischen Riesen mit DOPPELTEN ZAHNREIHEN [Hervorheb. durch uns; d. Red.] ausgestattet gewesen sein." [19]

Solche "formorischen" Riesen "mit doppelten Zahnreihen" (die wir als "Homo sapiens gigantus duplodontialis" bezeichnen) scheinen jedoch, wie eine grenzwissenschaftliche Untersuchung historischer archäologischer Fund-Meldungen aus den USA durch den Verfasser vermuten lässt, in Nordamerika - und NICHT in Europa, Asien oder auch Afrika beheimatet gewesen zu sein, wo Wilkins offenbar ihren Ursprung sieht. (Vergl. dazu: Die Anostida des Theopompus von Bernhard Beier, Kapitel: Homo sapiens gigantus duplodontialis - Die 'original amerikanischen' Riesen mit den doppelten Zahnreihen)

Abb. 17 Harold T. Wilkins vermutete, das der 'Leprechaun' (im Bild zur Märchen-Gestalt 'mutiert') der keltischen Mythologie im 'Leeprawn' der westindischen Sagenwelt sein Pendent findet.

Der Iere-Bericht einer weiteren Bekannten von Wilkins aus Tobago weist zudem auch auf einen Riesenwuchs der Ur-Karibier hin: "Auf dieser Insel finde ich dunkle Erinnerungen an einen großen verlorenen Kontinent - möglicherweise Antillia-Atlantis. Schwarze Arbeiter auf dem Land meines Mannes auf den Hügeln haben da eine sehr vage Geschichte über >sehr, sehr große Leute, die einst auf der Insel Tobago, Westindische Inseln, lebten.

DOCH DAMALS GAB ES KEIN MEER. Dann wurde alles zerschmettert [orig.: "smashed up"; d.Ü.] ... Der alte Mond zerbrach ... und das Meer brach ein. Nach einer Weile fiel Tobago wieder trocken, doch es war klein, sehr klein. Wie lange das her ist? Es geschah lange vor der Zeit, an die sich irgendjemandes Großvater erinnern kann. Nein, [es waren] keine britischen weißen Männer, diese GROSSEN LEUTE, die in jenen Tagen lebten, die so lange her sind. Aber es waren auch keine SCHWARZEN Menschen<." [20]

Wilkins betont jedenfalls einen afrikanischen Ursprung altirischer Völker und erwähnt in diesem Zusammenhang auch den legendendären Simon Magus, den Firebolg [21] (nicht zu verwechseln mit dem levantinischen Magier Simon aus der christlichen Mythologie), den "Angehörigen einer alten Rasse neolithischen Typus´ in Eire, die in ihrem fernen Zeitalter von den blauäugigen Metall-Handwerkern aus Skandinavien, den Tuatha de Danaan, ausgelöscht wurden, die von syrischen Invasoren, irgendwann zwischen 300 und 150 v. Chr., aus Griechenland vertrieben wurden. [sic!; bb] Gideas zufolge trug selbiger Simon der Firebolg eine Tonsur wie ein ägyptischer Priester, was, wenn es stimmen sollte, eine weitere Überlieferung über alte Verbindungen zwischen Irland und dem alten Afrika wäre." [22]

Er vermutet aber, wie gesagt, auch eine Transatlantik-Connection der alten Iren: "Auf der Westindischen Insel Grenada sprechen die Natives des Oberlandes von den >Leeprawns<, und sie sagen, wenn Leute starben, dann >musste man zwei Tage lang eine Wache halten und die ganze Zeit viel Krach für den Fall machen, dass man die 'Bondies' klagen hört. Wenn man sie hörte, dann starb man innerhalb eines Jahres.< Hier haben wir ein, n i c h t von alten irischen Siedlern abstammendes, Stück Folklore, das eine lange verschwundene Land-Verbindung andeutet, und welches identisch mit den Zeremonien des modernen Eire-Irland ist, dem Leprechaun (Abb. 17), oder Lupracan, oder dem runzeligen Old-Man-Kobold der keltischen Folklore, und, wie es scheint, mit der Banshee." [23]

Trotz - oder gerade wegen - der bisweilen frappierenden Ähnlichkeiten zwischen den westindi-schen und irischen Legenden sollten wir allerdings (im Gegensatz zu Wilkins) auch nicht die Möglichkeit aus den Augen verlieren, dass es sich bei manchen Überlieferungen der karibisch / westindischen Natives um Adaptionen europäischer 'Besatzer-Mythen' aus postkolumbischer Zeit handeln könnte. So zitiert Wilkins beispielsweise auch einen Eingeborenen von der Insel Trinidad, der über mysteriöse Dinge sprach, die angeblich von den sogenannten "Ligaroos" oder "Liggeroos" angerichtet wurden, von "bösen Geistern an Orten, wo die Bevölkerung [zuvor] sehr schlimme Dinge angerichtet hatte." [24]

Wilkins schlussfolgert nun: "Dies muss eine nicht zu bezweifelnde Referenz zum Loup-garou, oder Werwolf, oder Lycanthropus der alten teutonischen oder angelsächsischen Folklore sein." [25] Gerade die phonetische Ähnlichkeit der Bezeichnungen "Loup-garou" und "Ligaroo / Liggeroo" spricht jedoch dafür, dass in diesem Fall auf Trinidad ein Begriff aus dem modernen Französisch adaptiert worden sein könnte. Im vorliegenden Fall haben wir jedoch notwendiger Weise nach einem gemeinsamen Wurzel-Begriff zu suchen, der sogar weitaus älter als die lateinische Sprache sein müsste!

Trotzdem scheint Wilkins insgesamt auf derart massive mythologische Indizien für einen gemeinsamen präkolumbischen Ursprung zahlreicher kultureller Manifestationen der Menschen der karibischen bzw. Westindischen Inseln und der Bewohner Irlands gestoßen zu sein, dass weitere und tiefergehende Studien zur vergleichenden Mythologie der beiden Kulturkreise dringend geboten erscheinen. Die Legende von Iere könnte in der Tat Schlüssel-Informationen zur Lösung des Atlantis-Problems liefern.

ENDE


Anmerkungen und Quellen

  1. Quelle: Harold T. Wilkins, "Secret Cities of old South America", aus der ATLANTIS REPRINT SERIES bei ADVENTURES UNLIMITED PRESS, Kempton, Illinois (USA), July 1998 [Erstveröffentl. 1952],, S. 71
  2. Siehe: H. T. Wilkins, op. cit. (1952), S. 75
  3. Quelle: Alexander Braghine, "The Shadow of Atlantis", THE ATLANTIS REPRINT SERIES, ADVENTURES UNLIMITED PRESS, Kempton, Illinois (USA), 1997 [Erstveröffentl. 1940], S. 20, 21
  4. Quelle: H. T. Wilkins, op. cit. (1952), S. 71
  5. Quelle: ebd.
  6. Quelle: ebd.
  7. Quelle: ebd.
  8. Anmerkung: Eine höchst interpretationsbedürftige Überlieferung, da heute auch die meisten Vertreter nonkonformistischer Modelle zur jüngsten Erdgeschichte des Atlantikraums beim Gedanken an eine solche Landbrücke (vor 10 000 bis 20 000 Jahren!) nur den Kopf schütteln werden.
  9. Anmerkung: Diese Überlieferung erinnert auch an die Legenden über die riesenhaften Fomorier (ursprüngl. >Fomhoraicc<, >F´omoraig Afraic< und >Fomoragh<), die zu den frühen Invasoren Irlands gehört und ebenfalls Kleinkinder als Festmahl von den Einheimischen gefordert haben sollen. Vergl. zu "Fomoriern" auch: Atlantis - eine Spurensuche in Irland
  10. Quelle: H. T. Wilkins, op. cit. (1952), S. 71
  11. Quelle: ebd., S. 75
  12. Quelle: ebd.
  13. Anmerkung: Zur - im wahrsten Sinn des Wortes - mörderischen Wirkung des Rums in der Karibik sei angemerkt, dass dieses äußerst hochprozentige Getränk zur Blütezeit der karibischen Freibeuter und Piraten unter dem Namen "Kill-Devil" bekannt war.
  14. Quelle: H. T. Wilkins, op. cit. (1952), S. 76
  15. Quelle: ebd., S. 74
  16. Quelle: ebd.
  17. Quelle: ebd., S. 75
  18. Quelle: Ignatius Donnelly, "Atlantis, die vorsintflutliche Welt", Eßlingen, 1911, S. 283, 284
  19. Quelle: G. Iudhael Jewell, ">Gigantic< Newcomers to the Prehistoric St. Lawrence River Valley", in Ancient American , Ausgabe Nr. 42; online unter http://s8int.com/giants11.html ; bei Atlantisforschung.de in deutschsprachiger Erstveröffentlichung unter: Die kanadischen 'Riesen' - Wer besiedelte vor 4000 Jahren das Tal des St. Lorentz-Stroms?
  20. Quelle: H. T. Wilkins, op. cit. (1952), S. 112
  21. Anmerkung: Die Angehörigen dieses Volkes eroberten (ca. 2234 v. Chr.), so Donnelly, "das ganze Land" von den Fomoriern "und teilten es in fünf Provinzen; sie erfreuten sich aber erst siebenunddreißig Jahre lang ihres Besitzes, als sie von den Tuatha Dé Danann, einem Volke mit hochentwickelter Kultur, verdrängt wurden." (Donnelly, 1911, S. 285, 286)
  22. Quelle: H. T. Wilkins, op. cit. (1952), S. 75
  23. Quelle: ebd., S. 65
  24. Quelle: ebd.
  25. Quelle: ebd., S. 65, 66


Bild-Quellen

(12) http://www.merciantravel.co.uk/wintersun/venues/images/countryside%20eire.jpg

(13) http://www.coas.howard.edu/studyabroad/Galway%20Ireland.jpg

(14) http://www.colossusblog.com/mt/archives/images/St-Patrick.gif

(15) http://www.bayacht.com/aaa/nlpix/St%20Lucia%20Piton.jpg

(16) http://www.carraigls.com/images/westcoast.jpg

(17) http://www.webhome.idirect.com/.../Html/Leprecha.htm