Schott el Dscherid

von Tony O’Connell

Abb. 1 Bei der Region der Schotts in Nordwestafrika dürfte es sich um die Örtlichkeit eines vormaligen Binnenmeers handeln, das in protohistorischer Zeit vom Mittelmeer abgeschnitten wurde und weitgehend austrocknete.

Das Schott el Dscherid (arabisch ‏شط الجريد‎) - auch Chott el Djerid bzw. Chott el Jerid geschrieben - gehört zu einer Reihe uralter Salzseen in Tunesien (Abb. 1), die sich vom Golf von Gabés nach Westen bis nach Algerien südlich des Atlasgebirges erstrecken. Er ist der zweitgrößte Salzsee der Welt nach dem Great Salt Lake in Utah. Es wird behauptet, dass sich der alte Tritonis-See in dieser Region befand, der möglicherweise den Schhott el Dscherid mit einschloss [1] und sich irgendwann sogar bis zu einem vergrößerten Tschadsee ausgedehnt hat.

Streng genommen handelt es sich heute überhaupt nicht mehr um Seen. Es handelt sich um flache Gebiete, die den größten Teil des Jahres aus getrocknetem Schlamm bestehen, der mit einer dicken Salzschicht (Abb. 2) bedeckt ist.

Das größte, das Schott el Dscherid, liegt laut Wikipedia nur wenige Meter unter dem Niveau des Mittelmeers. François Roudaire, ein französischer Geograph aus dem 19. Jahrhundert, untersuchte die Schlucht und berichtete, dass sich der gesamte Salzsee 15 Meter über dem Niveau des Mittelmeers befand. Diese Tatsache wurde von Edward Dumergue in seiner Broschüre von 1883, The Chotts of Tunis [2], bestätigt.

Abb. 2 Wärend die Salzkruste der Schotts oft von einer dünnen Schicht von Flugsand bedeckt ist, ist sie an machen Stellen - wie auf diesem Foto vom Schott el Dscherid - gut zu erkennen.

Erwähnenswert ist, dass Diodorus Siculus verzeichnet, um 1250 v.Chr. hätten katastrophale seismische Aktivitäten in Nordwestafrika die Topographie der Region vom Golf von Gabés bis zum Atlantik radikal verändert. Einige Forscher betrachten dieses Ereignis als verantwortlich für die Abschottung dieser Binnenmeere vom Mittelmeer, wodurch die heutigen Salzseen entstanden. Diese Idee ist keineswegs so phantasievoll, wie es auf den ersten Blick erscheinen mag, wenn man die geologische Instabilität des zentralen Mittelmeerraums betrachtet. Ein bekanntes Beispiel ist das Macellum von Pozzuoli in der Nähe von Neapel, das in den letzten zwei Jahrtausenden aufgrund von Bewegungen in der Vulkan-Caldera, auf der es liegt [3], angestiegen und abgesunken ist. [4]

Im Winter kann sich in diesen Schotts bis zu einem Meter tiefes Wasser ansammeln (Abb. 3), was sie durch die Verflüssigung des Schlamms völlig unpassierbar macht. Es gibt einen klaren Hinweis darauf, dass diese Schotts ein vormaliges Binnenmeer repräsentieren, das einst mit dem Mittelmeer verbunden war. Es wird angenommen, dass die seismische Aktivität in dem Gebiet diese Verbindung unterbrach. Rund um diese Salzseen entspringen zahlreiche Quellen aus den sandigen Hügeln. Praktisch alle diese Quellen liegen sehr nahe am Siedepunkt. Die Stadt Gabés liegt in der Nähe einer großen Oase, die von einem Bach gespeist wird, der nach kurzer Zeit bei Gabés ins Meer mündet.

Mehr als ein Autor hat Atlantis in diese Region gelegt. Paul Borchardt und Albert Hermann in den frühen 1920er Jahren und in jüngerer Zeit Alberto Arecchi haben diese Idee befürwortet. Borchardt berichtete, dass der lokale Name von Chott el Jerid Bahr Atala oder 'See des ​​Atlas' war.

Abb. 3 Zur Winterzeit bilden sich auf den ansonsten ausgetrockneten Schotts bisweilen kleinere oder auch größere Wasserflächen, die von unterirdischen Quellen gespeist werden - eine traurige Reminiszenz an das einstige Binnenmeer (Bild: Salzwassertümpel am Schott el Dscherid)

Arecchi schließt sich dieser Erklärung an und ist überzeugt, dass das Binnenmeer der ursprüngliche „Atlantik“ war. Er zitiert aus dem Buch der Jubiläen, um diese Behauptung zu stützen [5].

Ein Beitrag in einem Internet-Forum [6] lieferte im Juni 2012 einen Link [7] zu einem interessanten Satellitenbild sowie die folgende ungeordnete Liste von fünfzehn Punkten, welche die Schotts als Örtlichkeit für Atlantis favorisieren:

1) Atlantis ist nicht >auf den Grund des Ozeans< gesunken, sondern wurde stattdessen zu >einer schlammigen Untiefe, die nur wenige Meter unter der Wasseroberfläche< liegt.
2) Es liegt westlich von Ägypten und Griechenland.
3) Die Schotts waren früher ein großer „Mega-See“ und Sie können mit Hilfe einer Meeresspiegelkarte nachvollziehen, wie groß dieser See war.
4) Dieser Mega-See ist sehr wahrscheinlich der mythische „Tritonis-See“, den die Griechen diesem Gebiet zuschrieben
5) Herodot sprach von Tritonis in Bezug auf Völker in der Nähe des Atlas, die sich als Atlanter bezeichneten.
6) Es gibt karthagische Münzen aus dieser Gegend mit Elefanten (und ältere Petroglyphen mit Elefanten und vielfältiger Fauna)
7) Eine Phase der lokalen Kunst war dem Einfluss der Minoer \ Seevölker sehr ähnlich.
8) Eine lokale Gottheit entspricht synkretisch [orig.: "syncretically"; d.Ü.] Neith (die wiederum in der Geschichte Ägyptens als synkretische Entsprechung der Athene angesehen wurde).
9) Eine andere Gottheit in dieser Gegend entspricht synkretisch dem Poseidon.
10) Die Geschichte der Amazonen wird in genetischer Hinsicht von der Toskana und Korfu bis hin zu dieser Region bestätigt (die Amazonen kämpften gegen die Atlanter)
11) Die Berber behaupten oft, ein Erbe von Atlantis zu haben (aber das ist keine große Sache, ebenso ist das im halben Mittelmeer-Raum und Südamerika ... usw.) [Sic!; d.Red.]
12) Mehrere antike Quellen behaupten, dass dieser „Megasee“ durch eine geologische Katastrophe entleert wurde. Das Ereignis geht der Epoche der Seevölker voraus.
13) Der Name „Gabès“ liegt linguistisch wohl näher bei „Gades“ als Cadiz (Spanien).
14) Gafsa (Caspa) war in den Legenden die Heimat des libyschen Herakles, der zwischen zwei Bergen residierte.
15) Die größere Nähe zu Ägypten und Griechenland macht [diese Gegend] als Machtzentrum [orig.: "power"; d.Ü.] der Bronzezeit plausibler als Gibraltar, wo es im Wesentlichen so gewesen wäre, als hätte man zu jener Zeit auf dem Mond gelebt. [Sic!; d.Red.]



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Anmerkungen und Quellen

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Dieser Beitrag von Tony O’Connell (©) wurde seiner atlantologischen Online-Enzyklopädie Atlantipedia.ie entnommen, wo er am 06. Juni 2010 unter dem Titel "Chott el Jerid" erstveröffenlicht und nachfolgend weiter ausgebaut wurde. Übersetzung ins Deutsche und redaktionelle Bearbeitung nach dem Stand vom 19. Dezember 2019 durch Atlantisforschung.de.

Fußnoten:

  1. Red. Anmerkung: Bereits 1863 vertrat der französische Diplomat und Archäologe Charles Joseph Tissot in seiner auf Latein verfassten Abhandlung mit dem Titel De Tritonide lacu die Ansicht, das Schott el Dscherid sei als Überrest des Tritonis-Sees zu betrachten.
  2. Siehe: Edward Dumergue, "The Chotts of Tunis, Or, The Great Inland Sea of North Africa in Ancient Times", London (W.H. Allen), 1883 (seither diverse Neuauflagen; die Broschüre ist aber in digitalisierter Form auch bei Archiv.org frei abrufbar.)
  3. Red. Anmerkung: Siehe dazu z.B. einführend: Regina Kerner, "Pozzuoli - In Italien erwacht ein Supervulkan", 05. März 2017, in Berliner Zeitung.de (abgerufen: 20. Dezember 2019)
  4. Red. Anmerkung: Siehe dazu einführend: o.A., "Säulen von Pozzuoli / Macellum Tempio di Seraphide / Monte Nuovo / Baia", bei Landesbildungsserver Baden-Württemberg (abgerufen: 20. Dezember 2019)
  5. Siehe: Alberto Arecchi, "THE HAUNEBUTS AND THE QUEEN OF ATLANTIS - LIBYAN BERBERS, TJEHENU, TEMEHU, HAUNEBUT", 22. Januar 2012, bei liutprand.it (abgerufen: 20. Dezember 2019)
  6. Siehe: nbohr1more, "What is your favorite historical mystery?", 29. Juni 2012, bei The Dark Mod Forums (abgerufen: 20. Dezember 2019)
  7. Siehe: "ACME Mapper 2.2 - N 33.96187 E 9.80800 - 7.9 km N of El Hamma TN, 28.2 km WxNW of Gabes TN, 44.6 km SxSW of Skhira TN", bei mapper.acme.com (abgerufen: 20. Dezember 2019)

Bild-Quellen:

1) Laurens (Urheber) bei Wikimedia Commons, unter: File:Chott el Jerid.jpg (Lizenz: Creative-Commons, „Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 nicht portiert“)
2) Dennis Jarvis, Halifax, Kanada (Urheber) bei Wikimedia Commons, unter: File:Tunisia-3901 - Chott el Jerid (8032314619).jpg (Lizenz: Creative-Commons, „Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 2.0 generisch“)
3) Francesco Piraneo G. (Urheber) bei Wikimedia Commons, unter: File:Chott-El-Jerid-Sunrise.JPG (Lizenz: Creative-Commons, „Namensnennung 3.0 nicht portiert“)