Zurück nach Atlantis: Entwicklungen, Ausblicke und Perspektiven

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Die Besiedlungsgeschichte Amerikas und das Atlantis-Problem, Abschluss

Abb. 1 Vermutlich droht der klassischen Paläo-Historik in absehbarer Zeit der fachliche "Super-Gau". Weltweit rüsten sich empirische Atlantologen derzeit für den 'argumentativen Showdown' mit den Anhängern der "Steinzeit-Archäologie". Der Zusammenbruch der Clovis- und Beringia-Theoreme steht unmittelbar bevor!

Wie wir im Rahmen dieser Abhandlung - und in vielen anderen Beiträgen bei Atlantisforschung.de [1] gezeigt haben, sind sowohl die überkommenen, schulwissenschaftlichen Vorstellungen zur 'paläolithischen' Besiedlungsgeschichte Amerikas als auch die gängigen isolationistischen Modelle zur "nacheiszeitlichen" Kulturentwicklung beiderseits des Atlantischen Ozeans im Angesicht eines sich immer höher auftürmenden Berges von Evidenzen kaum mehr das Papier wert, auf dem sie - noch immer - gedruckt werden.

Für nonkonformistische Atlantologen, die klassische (siehe: 'Altzeitler') oder synthetische Interpretationen (siehe: 'Synthetiker') des platonischen Atlantisberichts vertreten, sind all die hier vorgestellten Funde jedenfalls 'Wasser auf ihre Mühlen'. Schließlich stützen die zahlreichen Evidenzen, die in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten gewonnen werden konnten, in vielen Punkten auch ihre Atlantis-Szenarien, oder unterminieren doch zumindest die althergebrachten Argumente, die seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert immer wieder gegen sie ins Feld geführt wurden.

Der Atlantik, das wird immer deutlicher, war in präkolumbischen Zeiten keineswegs eine "Weide der Narren" sondern es gab - von 'Dunklen Zeitaltern' wie dem 'neolithischen' und dem 'bronze-/eisenzeitlichen' Hiatus [2] sowie dem europäischen Mittelalter abgesehen - offenbar zu allen Zeiten transozeanische Reisen und mehrfache Migrations-Wellen über die Meere hinweg. Dies stützt nicht nur bronzezeitliche Atlantis-Szenarien (vergl. z.B. Platons anderer Atlantis-Bericht - Die 'Gesetze' und das Dunkle Zeitalter von Frank Joseph), sondern auch jungsteinzeitliche und sogar paläolithische Modelle in der Atlantisforschung.

Schließlich spricht die, sich als immer solider erweisende, 'Clovis-Solutréen-Connection' über den Atlantik hinweg deutlich für die lange Zeit gnadenlos ausgebuhte Annahme der Atlantisforschung, bereits der prädiluviale ('eiszeitliche') Atlantik (und wie immer deutlicher wird: auch der Pazifik!) sei als Lebens- und Migrations-Raum seefahrender Kulturen zu betrachten. Der weithin verpönte Diffusionismus als Ideen-Gebäude zur Erklärung kultureller und zivilisatorischer Entwicklung feiert 'fröhliche Urständ', und der alte Streit um frühe kulturelle Diffusionen über den Atlantik hinweg flammt erneut auf.


Sind "steinzeitliche" Seefahrer-Kulturen wirklich so schwer zu akzeptieren?

Leider unterstellen universitär 'zugerichtete' Anthropologen in der 'Westlichen Welt' unseren fernen Vorfahren offenbar nach wie vor eine Art 'Paläo-Debilität', und der US-amerikanische Archäologe und Alternativ-Historiker Michael Arbuthnot konstatiert zu Recht: "Ein weiterer wichtiger Faktor bei der Ablehnung von Diffusions- und Migrations-Theorien ist ein generell fehlendes Zutrauen der Scientific community bezüglich der Fähigkeiten und Technologien prähistorischer Menschen." [3] Aber auch hier werden die ersten Risse in der Einheitsfront der anthropologisch-archäologischen 'Steinzeit-Fraktion' deutlich, wo man sich den paläolithischen Menschen lediglich als grunzende, in Felle gehüllte Kreatur vorstellen kann.

Abb. 2 Die "Sieben Schwestern" (Plejaden) waren schon vor vielen Jahrtausenden ein Gegenstand 'wissenschaftlichen' Interesses.

So berichtete William R. Corliss im Jahr 1981: "In Kontrast zu vielen Archäologen, die versuchen, die Intelligenz prähistorischer Menschen herunterzuspielen, besteht B.A. Frolov darauf, dass diese >primitiven Jäger< überraschend hochentwickelte Modelle der natürlichen Welt entwickelten, speziell zu den Bewegungen der Himmelskörper. Viele dieser Modelle scheinen ohne konkreten Nutzwert gewesen zu sein; das heißt, lediglich zur Befriedigung intellektueller Neugier geschaffen. Außerdem waren einige wissenschaftlichen Vorstellungen geographisch weit verbreitet, was möglicherweise lange Kommunikations-Wege indiziert. Zur Illustration erwähnt Frolov den ähnlich hohen astronomischen Entwicklungsstand, der durch die Petroglyphen vom Onega-See in Russland und jenen bei Stonehenge offenbar wird."

Frolov "betont zudem, dass die Ureinwohner Nordamerikas, Australiens und Sibiriens alle die Plejaden (Abb. 4) >Sieben Schwestern< nennen. Ein Zufall sei hier, wie er sagt, höchst unwahrscheinlich. Diese und andere Vorstellungen müssen schon existiert haben, bevor Australien und Nordamerika besiedelt wurden. Das Fehlen einer Schrift, wie wir sie kennen, würde altertümliche Menschen nicht davon abgehalten haben, mathematische und wissenschaftliche Kenntnisse zu entwickeln und zu kommunizieren sowie Wissen zu akkumulieren, möglicherweise in der Form von Mythen." [4]

Dass solche neuen Erkenntnisse bisher nur eine Randerscheinung im wissenschaftlichen und poulärwissenschaftlichen Raum geblieben sind, ist unter anderem auf die Tatsache zurückzuführen, dass es traditionell kaum Berührungs-Punkte zwischen den "Häretikern" innerhalb und hochkarätigen "Crackpots" (mithin höchst engagierte ForscherInnen, die z.T. jahrzehntelange Studien vorzuweisen haben!) außerhalb der 'Scientific community' gegeben hat. Berufs-Wissenschaftler, die fachlich 'gegen den Strom schwimmen', kommen häufig überhaupt nicht auf die Idee, dass solche "LaienforscherInnen" [5] über für sie nutzbares, signifikantes Spezial-Wissen verfügen könnten - oder aber sie scheuen aus berechtigter Angst vor beruflicher Ausgrenzung vor solchen Kontakten zurück. [6]

Sicherlich hat dieser Mangel auch mit dem nach wie vor völlig unbefriedigenden Organisations-Grad der Atlantologen und Alternativ-Historiker sowie mit dem Mangel an qualifizierten bzw. wissenschaftlich ernst zu nehmenden, grenz- und populärwissenschaftlichen Publikationen zu tun. Diese Misstände - insbesondere die mangelnde Kommunikation - haben in der Vergangenheit auch den internen atlantologischen Diskurs beeinträchtigt. Vor allem hat es in den vergangenen Jahrzehnten bedauerlicher Weise kaum einen fachlichen Informations-Austausch und konkrete Kooperationen zwischen AtlantologInnen aus Europa und Amerika sowie anderen Teilen der Welt gegeben.


Drei Kernaufgaben nonkonformistischer Atlantologie in Europa

Abb. 3 Während Paläo-Historiker dem frühen Menschen traditionell lediglich seine (schwerlich abzustreitenden) künstlerischen Fähigkeiten zubilligten, wurde von ihnen vehement die Möglichkeit bestritten, er könne auch besondere technologische oder gar wissenschaftliche Errungenschaften hervorgebracht haben. Bild: Replik eines paläolithischen Stein-'Kopfes' aus der Höhle von Entrefoces in Asturien, Spanien

Eine der drei Kernaufgaben der heutigen, europäischen Alternativ-Historik und Atlantisforschung nonkonformistischer Ausprägung wird nach Ansicht des Verfassers darin bestehen, den notwendigen Schulterschluss mit amerinden und anderen Alternativ-Historikern in den USA, Kanada und Mesoamerika, wie dem leider viel zu früh verstorbenen Prof. Vine Deloria Jr. (siehe: Indianische Urgeschichte von Vine Deloria Jr.) zu suchen, die den 'Aufstand' gegen die weiße Mainstream-Prähistorik proben und auf wissenschaftlicher Ebene mit der systematischen Bestandsaufnahme und Neubewertung des gesamten Material-Komplexes zur amerikanischen Paläo-Historie begonnen haben. Machen wir endgültig Schluss mit dem Vorurteil, Atlantologen wollten "auch heute noch Native Americans ihres kulturellen Erbes berauben"! [7]

Zeigen wir, dass nichts falscher als diese Behauptung ist, indem wir mit dem respektvollen, euhemeristischen Studium (siehe: Stichwort: Euhemerismus) amerinder Sagen, Mythen und Legenden (siehe: Indianische Ursprungs-Mythen, Atlantis und Meropa) fortfahren und unsere indianischen KollegInnen durch flankierende Forschungen im Bereich der europäischen Prähistorie unterstützen! Machen wir unmissverständlich klar, dass - um es mit den Worten von R. Cedric Leonard zu sagen - aus unserer Sicht "zum Verständnis europäischer Prähistorie auch die amerikanische Vorgeschichte Berücksichtigung finden" muss! Und last but not least: Wenden wir uns als PrimhistorikerInnen klar und unmissverständlich gegen alle Versuche, die Historizität 'kaukasoider' Ur-Atlantiker und -Amerikaner zur Propagierung angeblich "älterer Rechte" der so genannten "weißen Rasse" auf die 'Neue Welt' zu missbrauchen!

Die zweite wesentliche Aufgabe, der sich nonkonformistische AtlantisforscherInnen (nicht nur in Europa) sich jetzt stellen sollten, ist der fachliche Diskurs mit ihren "konformistischen" oder "konservativen" KollegInnen im Lager schulwissenschaftlich orientierter Atlantisforschung, um die dort leider nur zu oft vorherrschenden Vorurteile und "Abgrenzungs-Wut" gegenüber den Verfechtern devianter Forschung abbauen zu helfen. Es muss deutlich gemacht werden, dass es dabei nicht um eine Nivellierung jeweiliger Grundsatz-Positionen gehen kann (schließlich wird in beiden Lagern aus einer Position des "hier stehe ich, ich kann nicht anders" argumentiert), sondern vielmehr sollte ein modus vivendi gefunden werden, der auf Grundlage eines besseren Verständnisses der jeweils 'anderen Seite' zumindest auf punktueller Ebene fruchtbare Kooperationen ermöglicht (z.B. im Bereich der Exegese des Atlantisberichts).

Die dritte Kern-Aufgabe der modernen, nonkonformistischen Atlantologie dürfte jetzt darin bestehen, auch den fachwissenschaftlichen "Profis" an Universitäten und in den Instituten argumentativ nahezubringen, dass nicht atlantologische Positionen "unwissenschaftlich" oder sogar "wissenschaftsfeindlich" sind, sondern dass sie selber immer mehr Gefahr laufen, aus falschverstandener Loyalität zu überholten Paradigmen völlig in den Bereich der 'Pseudo-Wissenschaft' abzugleiten! Dazu werden weder grenzwissenschaftliche 'Schimpf-Kanonaden' noch weinerliches Lamentieren über Arroganz und Borniertheit des "Homo academicus simplex" (dem - im doppelten Wortsinn - "gemeinen Schulwissenschaftler") von Nutzen sein, sondern wir müssen jetzt konstruktiv auf Fachwissenschaftler (z.B. Archäologen, Anthropologen und Wissenschafts-Historiker) zugehen ("Crackpots meet Phuddy-Duddies") und den Diskurs suchen.

Vermutlich stehen alternative Vor- und Frühgeschichtsforschung, Krypto-Archäologie (archäologische Anomalistik) sowie die Atlantologie gegenwärtig vor den größten Herausforderungen ihrer jüngeren Geschichte. Erstmals seit über hundert Jahren sind Atlantisforschung & Co. in der Lage, mit Vertretern des wissenschaftlichen Mainstreams auf mehr oder weniger gleicher Augenhöhe zu streiten! Tragen wir also nach besten Kräften dazu bei, 'Atlantis' wieder zu einem Gegenstand wissenschaftlichen Disputs zu machen!


Anmerkungen und Quellen

Fußnoten:

  1. Siehe z.B. auch die Beiträge in den Sektionen: "Farewell, Clovis! - Vom langsamen Sterben eines Paradigma" und "Präkolumbische, transatlantische Kontakte"
  2. Siehe zu letzterem auch: Die end-bronzezeitliche Klimakatastrophe aus atlantologischer Sicht von Bernhard Beier
  3. Quelle: Michael Arbuthnot (Team Atlantis), "History of the Decline of Diffusion and Migration Theories", online unter http://www.teamatlantis.com/yucatan_test/research_decline.html ; bei Atlantisforschung.de als deutschsprachige Erstveröffentlichung unter dem Titel: Geschichte des Niedergangs der Diffusions- und Migrations-Theorien
  4. Quelle: B.A. Frolov, "On Astronomy in the Stone Age", Current Anthropology, 22: 585, 1981; nach: William R. Corliss, THE DIFFUSION OF SCIENCE IN PREHISTORIC TIMES, Science Frontiers Nr. 19, Jan. / Feb. 1982, online unter http://www.science-frontiers.com/sf019/sf019p02.htm
  5. Anmerkung: Der Verfasser erlaubt sich dazu den Hinweis, dass sich der Prozentsatz der Atlantologen mit akademischen Graden (Dr., Prof., B.A., M.A. usw.) derzeit weltweit bereits bei geschätzten 40% der reputierten KollegInnen bewegen dürfte. (Vergl. dazu z.B. die Liste der Gast-AutorInnen auf der Homepage unserer Webseiten.) Tendenz: steigend!
  6. Anmerkung: Da wir wissen, dass derartige Befürchtungen keineswegs grundlos sind, bietet die Redaktion Atlantisforschung.de interessierten Fachwissenschaftlern gerne die Möglichkeit ABSOLUT VERTRAULICHER Sondierungs- und Informationsgespräche an.
  7. Quelle: Jason Colavito, "Lost Civilizations Uncovered - Atlantis, Mu and the Maya - Early theories attributing Mesoamerican civilization to lost civilizations continue to deprive Native Americans of their cultural legacy today", unter: http://jcolavito.tripod.com/lostcivilizations/id23. (nicht mehr online)

Bild-Quellen:

1) ECOLE Best Club, French Session, unter: http://www.ecolenet.nl/best/french.htm
2) Wikipedia - Die freie Enzyklopedie, Stichwort: Plejaden
3) Wikimedia Commons, unter: File:Cabeza de Entrefoces (Asturias).jpg